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Meinungsfreiheit oder Volksverhetzung

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Seit der Flüchtlingskrise, den Aktivitäten von PEGIDA und dem fulminanten Erfolg der AFD(Alternative für Deutschland) ist ein eklatanter Anstieg von Hasskommentaren, Hetze gegen Migranten sowie beleidigende und schmähende Äußerungen vorwiegend in sozialen Netzen wie Facebook zu verzeichnen.

Satire- Moderator Jan Böhmermann forderte mit seinem Schmähgedicht sowohl den türkischen Präsidenten  Recep Tayyip Erdogan als auch die deutsche Justiz heraus. Immerhin strafrechtlich hat letztere Instanz dem Berufssatiriker die Absolution gegen den überfälligen Majestätsbeleidigungsparagraphen erteilt.

An gänzlich anderer Front kämpft Bundesjustizminister Heiko Maas gegen Hetze im Internet und findet in Facebook nicht wirklich einen verlässlichen Partner. Da werden willkürlich freizügige Bilder eher entfernt als eindeutig rechtspopulistische Parolen oder menschenverachtende Beiträge.

Gelegentlich trifft jene recht undefinierbare Keule der Strafverfolgung auch Leute, die mehr oder minder ihren Unmut über diverse Geschehnisse verbal bis optisch radikal darbieten.

So etwas kann heftige Konsequenzen haben, wie folgender Bescheid zeigt:

strafbefehl2

Gegenstand dieser Anzeige war ein Bild, welches ein Facebook- Nutzer auf seinem Profil veröffentlichte. Das Bild ist aus Gründen des Selbstschutzes unkenntlich gemacht worden.

multiculti1Man muss gestehen, was auf der Abbildung zu sehen und zu lesen ist, ist mindestens provokant. Ob es tatsächlich bereits Volksverhetzung darstellt, müssen allerdings Richter entscheiden. Es geht auch nicht um die Bewertung der Karikatur, sondern um den Umstand, dass dieses Bild auf vielen weiteren Internetpräsenzen offensichtlich ohne jegliche Konsequenz veröffentlicht werden darf. Woher soll also ein einzelner Facebook- Nutzer wissen, dass ausschließlich er sich damit strafbar macht?

Im Übrigen ist das Bild nur ein Ausschnitt aus einem anderen Bild und somit auch aus dem Zusammenhang gerissen.

multiculti2Das Bild findet man auf etlichen rechtspopulistischen oder rassistischen Internetpräsenzen, bei Twitter macht es ebenso die Runde wie bei Facebook. Soll nun ein einzelner Internetnutzer exemplarisch für alle anderen bestraft werden? War das Schmähgedicht eines prominenten Moderators weniger hetzerisch als jene Karikatur? Sind die Mohammed Karikaturen weniger provokant und nicht beleidigend? Wo sollen denn die Maßstäbe angelegt werden, wann eine Grenze von der Meinungsfreiheit zur Volksverhetzung oder immerhin zur Beleidigung überschritten wird?

Die sachliche Diskussionskultur musste weitgehend aggressiven Verbalattacken Platz machen. Das ist nicht schön und der Anspruch auf eine grundgesetzliche Meinungsfreiheit wird leider oft überstrapaziert. Allerdings endet jene Meinungsfreiheit bei den Persönlichkeitsrechten, die vom Artikel 1 GG abgeleitet werden. Sofern die Karikatur, welche im Prinzip Muslime als ausbeutende Meute präsentiert, die sogar vom deutschen Rechtsstaat noch gegen die eigenen Bürger verteidigt werden, den Straftatbestand der Volksverhetzung  darstellt, hat sich genau jener Rechtsstaat selbst disqualifiziert.

Ein Bundesjustizminister kann ohne jegliche Konsequenz Einfluss auf laufende Verfahren nehmen (netpolitik.org). Ein Bundesinnenminister darf vor laufenden Kameras selbst erfundene Zahlen über Flüchtlinge präsentieren, ohne dass es die geringsten Folgen hat. Wer kann es also manchen Leuten übel nehmen, wenn sie ihren Frust gelegentlich ins asoziale Netz kippen? Vor dem Gesetz sind alle gleich und manche gleicher…

Wer sich keinen Rechtsbeistand leisten kann, hat in solchen Fällen keine gute Karten. Drogendealer am Frankfurter Hauptbahnhof oder Diebe in der Fussgängerzone brauchen sich weniger vor der Justiz zu fürchten als Facebook- Nutzer oder Blogger. Es läuft etwas gewaltig falsch in diesem Land…

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Tag der deutschen Uneinigkeit

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Im Jahr 2016 fanden die Feierlichkeiten  mit politischer Prominenz zum Tag der deutschen Einheit in Dresden statt. Dass die Örtlichkeit unglücklich gewählt wurde,   bestätigte sich durch  eine massive Präsenz von sogenannten Wutbürgern, die vorwiegend verbal die Teilnehmer der etablierten Parteien  bis hin zur Bundeskanzlerin zum Teil in beleidigender Form beschimpften.

Quelle: google.de
Quelle: google.de

Sogar der amerikanische Internetkonzern widmete diesem Ereignis temporär ein eigenes Logo.

Ausgerechnet in Ostdeutschland, wo Freiheit vor 1990 keinesfalls selbstverständlich war, schlägt zuweilen blinder Hass den Repräsentanten des vereinten Deutschlands entgegen. Irrsinnigerweise suchen die Protangonisten von Pegida, sogenannte Reichs- und Besorgtbürger sowie die  rechte Szene eine nicht vorhandene Legitimation für ihr Handeln in der Meinungsfreiheit, welche es ironischer Weise vor der Einheit in der ehemaligen DDR quasi nicht gab.

Offenkundig fehlt immer mehr Menschen die Gabe, Meinungsfreiheit von Beleidigung, Schmähung und Hetzparolen zu unterscheiden.  Dieser Tag ist der denkbar ungünstigste  Moment, der Welt zu zeigen, dass  man als Deutscher mit  der eigenen Regierung , deren Handeln und auch mit der eigenen Situation augenscheinlich unzufrieden ist. Jenseits der Staatsgrenzen müssen sich unsere Nachbarn verwundert betrachten, wie die Bürger eines wohlhabenden Landes auf hohem Niveau jammern.

Es entsteht der Eindruck, als würde das zurecht getadelte schlechte Management der Flüchtlingskrise Deutschland ins Chaos zu stürzen. Aber eigentlich verhindert die Gegenwehr von selbsternannten Rettern des Abendlandes ein Gelingen mehr als jene Migranten, die aus durchaus unterschiedlichen Hoffnungen nach Europa geflohen sind. Nicht alle sind Kriegsflüchtlinge und manche Migranten fallen tatsächlich unangehm auf. All diese Probleme löst man jedoch nicht damit, dass sich die eigene Bevölkerung in Gutmenschen und Besserdeutsche spaltet. Letztere skandieren auch gerne Parolen wie „Wir sind das Volk“, wobei sich längst nicht jeder mit dieser Definition verirrter Patrioten  identifizieren möchte. Wo waren all diese braven Bürger, als die Banken von ihren Steuergeldern gerettet wurden? Warum schimpften die besorgten Bürger nicht auf ihre Volksvertreter, als Finanzhaie, Zocker und Spekulanten den Staat ausplünderten? Islamophobie ist ja so einfach durch ein Kleidungsstück wie diese unheilvolle Burka zu erzeugen. Bad Banks hingegen sieht man eben nicht.

Verdient dieser Tag es eigentlich noch, ein Feiertag zu sein?

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Wenn die politische Alternative in die Sackgasse führt…

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Die Alternative für Deutschland (AfD) marschiert mit braunen Stiefeln und offenem Rassismus quer durch die Republik geradewegs in die Parlamente. Einzig mit einem bissigen Affront gegen die zugegebenermaßen desaströse Flüchtlingspolitik der Bundesregierung rekrutiert diese Partei ihre Wähler. Die einstigen Euro- Kritiker verwandelten sich in Islam- Kritiker. Der Erfolg basiert lediglich auf einer breit angelegten Hetzkampagne gegen das Establishment. Rechtsextreme, die schon immer das bestehende System als Feindbild betrachteten sowie fast alle Facetten unzufriedener Menschen konnten mit einfachen Parolen politisch eingesammelt werden. Das war nicht schwer, weil die etablierten Parteien schon lange ihre Bodenhaftung verloren hatten und die Sorgen der Menschen ignorierten.

Die AfD ist spätestens im März 2016 im Politikbetrieb angekommen. Zumindest wenn die Wähler dieser als rechtspopulistisch beschriebenen Partei den Entwurf des Grundsatzprogrammes gelesen und idealerweise verstanden hätten, könnten sie erahnen, wohin die Reise gehen sollte. Abgesehen von umfassender Kritik am Flüchtlingsmanagement der Bundesregierung erhält man von der AfD allerdings auch keine eigenen Lösungsansätze. Brisanter stellen sich diverse Passagen in diesem Pamphlet dar:

Demokratie: Volksabstimmungen. Nach Schweizer Vorbild.

Was die AfD für die Entscheidungsfindung für die gesamte Republik anstrebt, setzt diese Partei innerparteilich selbst nicht um. In der Bundessatzung der AfD §11 bekennt sich die Partei zum üblichen Delegiertensystem. Wer sich bereits mit direkter Demokratie beschäftigt hat, kennt jene organisatorische Herausforderung. Die AfD beschreitet allerdings die gleichen Wege wie die meisten etablierten Parteien auch. Eine Partizipation an politischen Prozessen innerhalb der Partei bleibt 600 Delegierten vorbehalten.

Staat: Stark in den Kernkompetenzen. Für den Bürger.

Zumindest als ambitioniert darf man diese Passage im Grundsatzprogramm bezeichnen. Dort sollen alle hoheitlichen Aufgaben, abgesehen von Innerer und äußerer Sicherheit, Justiz, Auswärtiger Beziehungen und der Finanzverwaltung privatisiert werden. Soweit neoliberal würde sich nicht einmal die FDP aus dem Fenster lehnen.

Steuern: Gerecht durch AfD-Stufentarif. Grundfreibetrag erhöhen.

Zumindest die Überschrift erinnert an ein Angebot eines Versicherungsunternehmens. So unverständlich wie Versicherungsverträge klingt auch diese Steuerreform der AfD. Die Abschaffung der kalten Progression würde ja noch bei Normalverdienern weitgehend positive Auswirkungen zeigen. Jedoch wie die AfD das verwirklichen möchte, ist verwirrend. Begriffe wie „rechtsformneutrale Besteuerung“ und „identische Ertragssteuerbelastung“ lassen vermuten, dass vorwiegend Unternehmen steuerlich entlastet werden sollen.

Familie: Keimzelle unserer Gesellschaft. Unter dem Schutz des Grundgesetzes.

Zusammengefasst will die AfD die traditionelle Familie in Form von Vater, Mutter, Kind(er) als einzig unterstützungswürdiges Familienkonzept etablieren. Alleinerziehende sowie andere Familienmodelle sollen bestenfalls geduldet werden, aber keineswegs staatliche Unterstützung erfahren. Man kann sogar herauslesen, dass die Frau wieder vermehrt für den Haushalt zuständig sein soll.

Innere Sicherheit: Polizei stärken. Strafjustiz verbessern.

Beängstigend wirkt insbesondere die Forderung, das Strafmündigkeitsalter auf 12 Jahre zu senken. Also Kinder ab diesem Alter müssen für ihre Taten mit Haftstrafen rechnen, anstatt dass die Erziehungsberechtigten die Verantwortung zu übernehmen hätten.

Untersuchungshaft für Beschuldigte von rechtswidrigen Taten soll bei dringendem Tatverdacht schon möglich sein. Das bedeutet im Umkehrschluss, die Unschuldsvermutung soll abgeschafft werden.

Auf die Programmatik zur Asylpolitik wird an dieser Stelle nicht eingegangen. Kurios ist jedoch, dass die AfD einer bestimmten Religion im Grundsatzprogramm eine Passage widmet:

Islam: Gehört nicht zu Deutschland.

Der Einfluss von PEGIDA ist nicht zu leugnen. Die Passage ist jedoch hanebüchen und bietet lediglich den patriotischen Spaziergängern dieser islamfeindlichen Bewegung eine programmatische Heimat an.

Klimaschutzpolitik: Irrweg beenden. Umwelt schützen.

Kohlendioxid ist laut AfD nützlich für die Umwelt und keineswegs für den Klimawandel verantwortlich. So könnte man kurz und bündig die Klimapolitik der AfD auf das Wesentliche reduzieren.

Erneuerbare-Energien-Gesetz: Abschaffen. Nicht reformierbar.

Es würde den Rahmen sprengen, wenn man diese Passage im Grundsatzprogramm auseinander nehmen würde. Wissenschaftliche Fakten werden ignoriert und einzig die Lobbyisten von Atom- und fossiler Energieträger sollen bedient werden.

Steuerrecht: Familiensplitting ja. Erbschaft- und Gewerbesteuer nein.

Die Erbschafts- und Gewerbesteuer soll nach Auffassung der AfD ersatzlos gestrichen werden. Davon profitieren ausschließlich Unternehmen und reiche Leute. Der oft skandierte Schlachtruf „Wir sind das Volk“ verstummt an dieser Stelle jäh.

Soziale Sicherheit in Not und Alter

Das bisherige Solidaritätsprinzip soll komplett als Notsystem umfunktioniert werden. Die Altersvorsorge soll privatisiert werden. Nur in absoluten Notfällen soll der Staat eingreifen, wobei Familien mit Kindern allen anderen Lebensmodellen gegenüber deutlich bevorzugt werden sollen. Wie das detailliert funktionieren soll, erfährt man im Grundsatzprogramm der AfD nicht.

Arbeit: ALG I maßgeschneidert.

Die AfD will auch das Arbeitslosengeld 1 als staatliche Leistung abschaffen und privatisieren. Betroffene müssen sich vorher entweder etwas angespart oder eine private Vorsorge getroffen haben.

Aktivierende Grundsicherung: Arbeit, die sich lohnt. Anstatt ALG II.

Eigentlich macht diese Passage die vorherige über ALG I überflüssig. Denn jeder, wobei das nicht definiert wird, soll eine Grundsicherung erhalten. Bei Arbeitnehmern mit zusätzlichem Verdienst soll sich die Grundsicherung mit wachsendem Verdienst reduzieren. Das Modell wirkt irgendwie unausgereift.

Rente: Kinder und Erziehung berücksichtigen. Flexibilität im Alter.

Die Anzahl der Kinder und die Erziehungsjahre sollen sich positiv auf die Rentenbezüge auswirken. Wie die Rücklagen der Renten gebildet werden, bleibt ungeklärt und erscheint abenteuerlich, wenn man die Punkte zum staatlichen Sozialwesen zusammenfassend betrachtet.

Unfall: Flexiblere Lösungen finden.

Gesetzliche Unfallversicherungen sollen abgeschafft werden und durch private Angebote ersetzt werden. Auch hier lohnt sich der Blick zurück auf andere Punkte in diesem Grundsatzprogramm.

Viele staatliche Sozialleistungen sollen privatisiert werden und gleichzeitig will man eine Grundsicherung einführen. Arbeitnehmer müssen hingegen ihre Sozialvorsorge beinahe komplett allein finanzieren, sollen aber das System der Grundsicherung finanzieren. Da drängen sich Widersprüche regelrecht auf.

Pflege: Die Familie nicht länger benachteiligen.

Auch im Pflegebereich soll weitgehend die Familie selbstverantwortlich Pflegebedürftige versorgen. Die Widersprüche im Grundsatzprogramm werden immer eklatanter. Nach der Vorstellung der AfD wird kaum noch ein Arbeitnehmer seine Familie versorgen können, wenn sein Arbeitslohn nicht utopisch ansteigen sollte.

Das Grundsatzprogramm der AfD katapultiert unsere Gesellschaft mindestens zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Die Idee, dass Großfamilien sich weitgehend autark versorgen und ein Familienmitglied mit seinem Einkommen den Lebensstandard sichert, ist weder zeitgemäß noch realisierbar. Der Sozialstaat nach derzeitigem Solidaritätsprinzip würde nicht mehr existieren. Gerade eine Vielzahl der AfD- Wähler profitieren vom aktuellen Sozialprinzip. Genau genommen könnten sich die als Feindbild auserkorenen Migranten eher mit einem Modell nach Art der AfD arrangieren, so denn sie als deutsche Staatsbürger hier noch leben dürften.

Quelle: AFD-Grundsatzprogrammentwurf

 

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Gespaltenes Deutschland

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Wie bislang kein anderes Ereignis spaltete die aktuelle Flüchtlingskrise dieses Land in „besorgte Bürger“ und „Gutmenschen“, so als dürfte dazwischen kein Platz für ein gestaffeltes Meinungsspektrum existieren. Dabei sind es parteipolitische Zwänge, welche verhindern, dass vielfältige Nuancen in der Betrachtungsweise durchaus ihre Berechtigung besitzen.
Sobald Wahlkämpfe bevorstehen, geht bei Politikern der letzte Rest an Rationalität verloren. Plötzlich soll jener Mindestlohn, quasi das einzig verbliebene Erfolgskonzept einer ansonsten an Unfähigkeit implodierten Großen Koalition (CDU/CSU & SPD), zum Integrationswerkzeug abgestumpft werden. Ein derart wenig durchdachter Plan befördert lediglich Existenzängste bei Arbeitnehmern hervor, welche ohnehin die prekären Beschäftigungsverhältnisse ausfüllen. Damit wird ohne Not ein Konkurrenzkampf im Niedriglohnsektor befeuert. Augenscheinlich haben selbst die Initiatoren aus der CDU- Führungsriege ihren eigenen Blödsinn erkannt und diesen Vorschlag wieder entschärft oder aber auch nur auf die heftige Reaktion der SPD reagiert.
Die Fraktion „Wir schaffen das“, also die Merkel- CDU, möchte den Familiennachzug von Flüchtlingen drastisch reduzieren. Der eigentliche Grund hierfür wird natürlich nicht genannt. Denn nach einer an sich lobenswerten Willkommenskultur wurden die Kapazitätsgrenzen erreicht. Die Behörden waren und sind hoffnungslos überfordert. Solche Massen an Menschen wie sie seit Herbst 2015 nach Deutschland strömen, können logistisch und gesellschaftlich schlichtweg nicht in angemessener Zeit versorgt werden. Das eigentliche Problem ist der Ressourcenmangel, besonders im personellen Bereich bei Polizei und anderen staatlichen Institutionen, was einer jahrelangen Sparpolitik geschuldet ist. Weniger der Aufprall verschiedener Kulturen befeuert den Zuspruch rechtspopulistischer Brandstifter, sondern der desaströse Umgang der etablierten Parteien unisono mit den neuen Problemen.
Flüchtlinge sind keine schlechteren Menschen als die einheimische Bevölkerung. Die Zahl an Straftaten erhöht sich im Verhältnis zum Gesamtaufkommen unbedeutend. Flüchtlinge sind eine Bereicherung, insbesondere als Fachkräfte für einen Arbeitsmarkt mit Mangelerscheinungen. Flüchtlinge besitzen einen hohen Bildungsgrad und entschärfen ein kollabierendes Rentenproblem, was der demographische Wandel dieser überalterden Gesellschaft bescheren wird. Es werden etliche Gründe ins Feld der Argumente geführt, obgleich diese nach menschenrechtlichen Gesichtspunkten eigentlich unerheblich wären. Da spielt es inzwischen eine nebensächliche Rolle, dass jene Argumente zumindest durch die Realität deutlich ausgebremst wurden. Denn nur ein geringer Teil der Neubürger wird als Fachkraft den deutschen Arbeitsmarkt erobern. Der überwiegende Anteil der Migranten versinkt in den Auffangsystemen unseres Sozialstaates. Anstatt langfristig die Rentenlücke schließen zu können, werden kurz- und mittelfristig die Sozialsysteme an ihre Belastbarkeitsgrenzen gepresst. Die Solidargemeinschaft muss zusätzlich Leistungen erbringen. Und wer heute seinen Beitrag zu dieser Gesellschaft leistet, kann im Rentenalter nicht mehr darauf hoffen, noch würdevoll den Lebensabend verbringen zu können. Zweifelsohne sind es Ängste und Befürchtungen, die sich in allen Bevölkerungsschichten unterhalb der Elite an Superreichen manifestieren. Die Kluft zwischen arm und reich, welche ja beständig auseinander driftet, bereitet wenig Frohsinn bei solchen Perspektiven und belegt ein Versagen der Sozialpolitik der vergangenen Jahrzehnte.
Es ist geradezu ein bestelltes Feld für Hetzer und Rassisten, deren ideologische Abgründe tiefer nicht sein könnten. Wenn die Schafe sich der Obhut des Schäfers entziehen und Schutz beim Wolf suchen, muss der Schäfer seine Sorgfaltspflicht schon heftig vernachlässigt haben…
Immer mehr Leute erkennen in einer desolaten Flüchtlingspolitik auch ein Versagen jenes Rechts- und Sozialstaates, der im weltweiten Vergleich beeindrucken konnte und man sichtlich stolz darauf sein durfte. Doch wenn die eigentliche Solidargemeinschaft selbst immer weniger diese Solidarität erfährt, muss etwas gewaltig schief laufen. Wenn Parksünder härter bestraft werden als Vergewaltiger und Arbeitnehmer nach 40 Berufsjahren auf dem gleichen Lebensniveau verharren wie illegale Migranten, bekommt der Begriff „Sozialneid“ eine andere Aussagekraft.
Weder die Flüchtlinge, welcher vor Krieg und Verfolgung Schutz und Hilfe suchen, noch jene mit Argwohn beäugten illegalen Migranten, die vielmehr vor Elend und Perspektivlosigkeit ihre Heimat verlassen, sind schuld an einer desolaten Politik und an behördlichem Versagen.
Es sind die kleinen Randnotizen, die in den Mainstreammedien kaum Beachtung finden, welche ganze Gesellschaftsschichten in Zorn versetzen. Auf behördliche Anordnung werden Asylbewerber per Taxi auf Staatskosten zu Arztbesuchen chauffiert, während anderen Bedürftigen eher selten solche Premiumleistungen zu Teil werden. Die Begründung behördlicher Seite, dass man wegen fehlender Sprach- und Ortskenntnisse jener Asylsuchenden die Termine in den Arztpraxen sicherstellen wollte, stößt auf wenig Verständnis bei Rentnern. Wenn Migranten straffällig wurden und diese Vorkommnisse inzwischen hochsensibel von Ermittlern wie Medienvertretern behandelt werden, spielt die Herkunft offensichtlich eine wesentlichere Rolle als noch vor Jahren. Es ist für viele Leute schier unbegreiflich, dass traumatisierte Menschen im Zufluchtsland selbst gewalttätig werden und somit ein vorausgesetztes Gastrecht missbrauchen. Pauschalisierungen zerstören jede vernünftige Auseinandersetzung und werden gern von Rechtspopulisten mit manipulierten oder gar erfundenen Geschichten zusätzlich befeuert.
Es ist übrigens keine Einschränkung des Rechts auf Meinungsfreiheit, wenn Hetzparolen und Beleidigungen nicht geduldet werden. Einem Großteil der Bevölkerung, welchem über das Internet die Partizipation am politischen Geschehen ermöglicht wurde, ist offensichtlich noch nicht intellektuell soweit befähigt, an einer vernünftigen Debattenkultur teil zu nehmen. Wer sachlich die Flüchtlingspolitik kritisiert, ist noch lange kein Pegida- Sympathisant oder gar Nazi. Wer andererseits Verständnis für fremde Menschen aufbringt und Hilfsbereitschaft signalisiert, ist auch nicht gleich ein linksgrünversiffter Gutmensch. Dort wo die Fronten in vulgären Verbalschlachten aufeinander treffen, werden keine Lösungen gefunden. Irgendwo gibt es hoffentlich noch jene Menschen, die sich kompromissbereit an den Nahtstellen zwischen den Extremen begegnen und den Rest der Nation von einer Sachlichkeit begeistern können, ohne welche eine Lösung gar nicht möglich sein wird.

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Der beschämende Geburtstag von Pegida

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Akif Pirinçci beginnt vorm Rednerpult von Pegida am 19. Oktober 2015 mit folgenden einleitenden Worten:

„…deshalb habe ich eine Originalrede nur für diesen Anlass geschrieben“

Es ist der Nachweis, dass die umstrittene Rede des Herrn Pirincci keineswegs unüberlegt oder dem Eifer der Situation geschuldet war. Alles war präzise so geplant, was danach ins Mikrofon posaunt wurde. Die Ausrede, dass der Protagonist sich während der Veranstaltung unkontrolliert in seiner Wortwahl vergriffen habe, darf zweifelsfrei ausgeschlossen werden.

„Es geht um die Auswechslung einer Bevölkerung gegen eine andere…“

Er zitierte damit aus seinem Pamphlet „Die Umvolkung“ und vergleicht die aktuelle Flüchtlingskrise mit der ethnischen Säuberung der Nationalsozialisten im 3. Reich. Das darf er, da dies durch das verbriefte Recht der Meinungsfreiheit jedem Bürger zugestanden werden muss. Ob es jedem gefällt oder gar der Wahrheit entspricht, ist zunächst irrelevant.

Er zitierte den Kommunalpolitiker Lübcke(CDU) bei einer Informationsveranstaltung wegen der Unterbringung von Asylbewerbern. Er bezeichnete die 400 Flüchtlinge pauschal als Invasoren.

„Wer diese Werte nicht vertritt, kann dieses Land jeder Zeit verlassen.“

war die nachweisliche Antwort des Regierungspräsidenten von Kassel, Walter Lübcke, auf die Einwände einer Person aus dem Publikum:

„…aber das wollen wir nicht“

Dieser Einwand soll sich gegen die Errichtung des Erstaufnahmelagers gerichtet haben, was jedoch spekulativ bleibt. Zudem war es eine Aussage einer Einzelperson, die allerdings für sich beanspruchte, für ein undefiniertes Kollektiv(wir) zu sprechen. Ebenso spekulativ bleibt die Deutung der Aussage des Herrn Lübcke, welche Werte überhaupt gemeint waren. Im Kausalzusammenhang darf man jedoch darauf schließen, dass das Recht auf Asyl damit gemeint sein musste.

„Mit Werten ist gemeint, dass jeder Dahergelaufene, der seinen Fuß illegal auf deutschen Boden setzt, das Recht erzwingen darf, sich bis zu seinem Lebensende und das seines Clans von den Scheißkartoffeln auf Luxusniveau verköstigen zu lassen.“

Diese Werte, wie sie Herr Pirincci zu glauben scheint, gibt es überhaupt nicht. Ein Blick ins deutsche Asylrecht widerlegt seine exotische Behauptung. Maßlos übertrieben mag es manchen Leuten so vorkommen, aber die Realität ist eine völlig andere.
Es folgte die denkwürdige Aussage von Pirincci:

„Offenkundig scheint man bei der Macht die Angst und den Respekt vor dem eigenen Volk so restlos abgelegt zu haben, dass man ihm schulterzuckend die Ausreise empfehlen kann, wenn er gefälligst nicht pariert. Es gäbe natürlich andere Alternativen, aber die KZ sind ja derzeit außer Betrieb.“

Dass er den umstrittenen Satz mit der KZ- Alternative sehr kalkuliert an diese Stelle positionierte, besitzt durchaus juristische Spitzfindigkeit. Schließlich hat er ja seine Rede sorgfältig vorbereitet, wie man weiß und er ist Schriftsteller…
So bezieht sich die Aussage rein rhetorisch auf deutsche Bürger, die nicht deutsche Gesetze wertschätzen wollten. Hingegen ist es allerdings rechtlich vollkommen ausgeschlossen, dass seine sogenannte Alternative in einem demokratischen Staat als Maßnahme selbst gegen übelste Volksverhetzer Anwendung finden könnte. Vermutlich wird man ihm juristisch kaum jene Volksverhetzung nachweisen können, wenngleich seine gesamte Rede nichts anderes darstellte. Das war perfekt inszenierte rechtsextreme Propaganda und als solche sollte man sie erkennen und bewerten. Die Reaktionen aus dem Pegida- Publikum sind überwiegend zustimmend, was die eigentlich erschütternde Erkenntnis bleibt.

„…der mit der deutschen Kultur so viel gemein hat wie mein Arschloch mit Parfümherstellung.“

Pirincci taucht gern und bewusst in die Niederungen der Fäkalsprache ein, weil man damit Aufmerksamkeit gewinnt. Hätte er sich niveauvoller ausgedrückt, müsste man davon ausgehen, dass sich die Aussagen weit weniger in den Köpfen der Zuhörer manifestieren würden. Dass er damit medial für Aufsehen und Entrüstung gesorgt hat, beweist nachhaltig, dass diese Strategie funktioniert.

„Sie wissen schon, dass die primitiven Fürze in den Köpfen dieser Fremden nix mit Religion zu tun haben, als vielmehr mit ihrer höchst krankhaften Beschäftigung, mit allem, was nach Fickerei und Gewalt riecht, wobei ihnen ein gewisser Allah den Weg weist.“
„…nachdem sie über sie hergefallen sind und ihren Moslemsaft in sie hineingepumpt haben.“

Eigentlich ist die Rede des Bestseller- Autors Pirincci inhaltlich ausgesprochen schwach und katapultiert ihn als Schriftsteller hoffentlich aus den Bücherregalen anständiger Menschen und den Angebotslisten des Buchhandels. Da sollten ihn seine Katzengeschichten auch nicht mehr retten dürfen. Man kann seine Auslassungen bestenfalls als rechtsradikale Hirnseuche etikettieren. Seine Schlussfolgerungen, die er aus relativ unbedeutenden Geschehnissen ableitet, klingen nicht einmal plausibel. Gute Verschwörungstheoretiker müssen schon tiefer in die Trickkiste der Propagandastrategie greifen, um ideologische Hirnwäsche an potenziellen Opfern betreiben zu können.

Die Pegida- Bewegung als solche steht in gewisser Weise vor einem Scheidepunkt. Selbst der „Godfather“ von Pegida, Lutz Bachmann, sah sich gezwungen, dem fremdenfeindlichen Hassprediger das Mikrofon zu entreißen und im Nachgang eine Entschuldigung für diesen Redner zu verkünden. Man darf es als Schadenbegrenzung auffassen, denn die Dosis an Rassismus und Rechtspopulismus war schlichtweg zu hoch für eine Veranstaltung von lediglich besorgten Bürgern. Die Spaziergänger von Pegida laufen bewusst Leuten hinterher, die unumstritten der rechten Szene zuzuordnen sind. Es existieren hervorragende Beziehungen zu Geert Wilders, Vorsitzender der rechtspopulistischen Partei für die Freiheit, zu Heinz- Christian Strache, Chef der FPÖ, oder auch Michael Stürzenberger, Vorsitzender der Kleinpartei Die Freiheit, welche auch teilweise bei Pegida aufgetreten sind. Man kann nicht diesen Leuten hinterher laufen und ihnen Beifall spenden und gleichzeitig behaupten, kein Nazi zu sein. Dieser Widerspruch lässt sich nicht einfach wegdiskutieren.

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Statement von SozNet zu PEGIDA

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Das PEGIDA– Phänomen ist das Produkt aus bürgerfremder Politik und der Wahrnehmung, dass Medien ihrer journalistischen Verantwortung nicht mehr gerecht werden.

Quelle: http://sachsen.patriotische-plattform.de

Quelle: http://sachsen.patriotische-plattform.de

Es wäre zu kurz gegriffen, die Teilnehmer dieser Bewegung pauschal als rechtspopulistische Meute zu beschimpfen, was diverse politische Amtsträger aktuell kontraproduktiv betreiben. Die Leitmotive dieser Bewegung sind so verschieden wie diffus zugleich, dass viele Menschen sich einzelne Positionen heraus greifen, womit sie sich persönlich identifizieren können, aber die Gesamtheit in ihrer Ideologie kaum oder gar nicht erfassen können.

Viele Positionen von PEGIDA (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) lassen sich faktenbasiert entkräften und das Portfolio als solches ist im Grunde für eine demokratische und weltoffene Gesellschaft unwürdig. Wer immer mit den Ängsten der Menschen spielt, muss sich bewusst sein, dass gelegentlich Ventile für eine nicht zu leugnende Politikverdrossenheit gesucht und gefunden werden. Demokratiefeindliche Strömungen instrumentalisieren typischerweise derartige Bewegungen für ihre eigenen Zwecke. Das gelingt immer dann am besten, wenn das Versagen der politisch Verantwortlichen sehr offenkundig wird.

Mit den Händen eine Raute der Beliebigkeit zu formen ist ebenso zielverfehlend wie das Anbiedern von selbsternannten Sozialdemokraten bei Großkonzernen. Man kann nicht einfach die Büchse der sozialpolitischen Pandora öffnen und hoffen, dass Lohndumping sowie Sozialabbau dauerhaft hingenommen werden. Die symbolisch auseinanderklaffende Schere zwischen arm und reich erreicht irgendwann das Ende ihres Ausdehnungsradius.

Ein politisches Umdenken ist unumgänglich, gleich wenn Drohungen von Machteliten ausgesprochen werden, die gebetsmühlenartig eine wirtschaftliche Apokalypse prophezeien werden. Mut zur Umkehr zu einer menschenfreundlichen Politik muss eigennützige Parteidisziplin überwinden.

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