Zwei Individuen von Melitaea cinxia sind geschlüpft. Eigentlich für die Art ein recht später Einstieg ins Falterleben. Vorangegangen war eine lange Zucht, die viele Verluste zu verzeichnen hatte. Die Raupen vom Wegerich- Scheckenfalter überwintern gemeinschaftlich als Jungraupen in einem Gespinst in Bodennähe. Die Zucht dieser Art gestaltet sich ausgesprochen schwierig, da die Temperaturen ausschlaggebend sind, wann und ob die Raupen wieder aktiv werden. Eine Haltung im Freien ist im Aerarium eher schwierig, da Frost und Niederschlag nicht so das Raupennest belasten wie in freier Natur.
Sehr früh hingegen war der Ei- Fund von Apatura iris. Während noch einige Puppen aus dem letzten Jahr schlüpfen müssen, hat ein Weibchen vom Großen Schillerfalter offensichtlich schon Eier abgelegt.
Auch die Zucht von Schillerfaltern ist nicht gerade einfach. Bereits ab Juli (wie man sieht, auch schon ab Juni) kann man die Eier bzw. die L1- Raupen der Art auf Salweide finden. Sie spinnen sich stets an einem Sitzblatt fest. Daher sollte man lebende Salweiden- Bäumchen für die Zucht verwenden. Sie fressen sogar noch bis die Pflanze allmählich die Blätter verliert und überwintern dann an Ästen, vorzugsweise in Astgabeln. Aber auch einige Individuen blieben auf den Blättern, die ziemlich fest am zugehörigen Ast mit Spinnfäden angeleint sind.
Die 2. Generation von Papilio machaon steht in den Startlöchern. Die Raupen befinden sich im letzten bzw. vorletzten Raupenstadium. Einige haben sich schon verpuppt.
Die Zitronenfalter (Gonepteryx rhamni) hingegen beginnen zu schlüpfen.
Als ich am 20. August 2019 wie gewöhnlich am Naturschutzgebiet LIK Nord
vorbeigefahren bin, habe ich eine für mich verstörende Beobachtung gemacht.
Auf dem Gelände vom AHA Hüttenpark Neunkirchen und der Berghalde König, ein Teilbereich jenes Naturschutzgebietes, werden die Brachflächen mit schwerem Gerät gemäht.
Was ist am Verständnis des Begriffs „Naturschutz“ so schwierig? Derartige Mäharbeiten auf Wiesenflächen, wo sich eigentlich die Natur entfalten soll, zerstören elementar wichtige Habitate vieler Tiere.
Kröten, Schlangen sowie viele andere Tiere, die nicht in der Lage sind, den Mähmaschinen rechtzeitig zu entkommen, werden damit getötet.
Der Schaden an der Insektenwelt ist sogar noch größer. Lebensräume, die erst dadurch entstehen können, dass menschliche Eingriffe weitgehend vermieden werden, haben keine Chance, sich zu entfalten. Die maschinelle Mahd ist eine der größten Bedrohungen für Tiere, die in Wiesenlandschaften leben.
Ich möchte das mal anhand von Schmetterlingen demonstrieren. Während die Falter zwar davon fliegen, wenn die Maschinen anrollen, haben deren Eier, Raupen und Puppen keine Chance.
Im Lebenszyklus eines Schmetterlings stellt der Lebensabschnitt als Imago, also als Falter, oft den kürzesten Zeitraum dar. Das sind zuweilen gerade mal 2 Wochen. Den Rest verbringt das Insekt sein Leben als Ei, Larve oder als Puppe. In keinem dieser Stadien ist es dem Insekt möglich, der tödlichen Gefahr durch Mähmaschinen zu entkommen.
Die Raupe des prächtigen Papilio machaon, besser unter dem Trivialnamen Schwalbenschwanz bekannt, lebt auf wilder Möhre, Dill und Fenchel, alles Wildkräuter, die auf naturbelassenen Magerwiesen vorkommen. Man braucht sich eigentlich gar nicht mehr die Frage zu stellen, warum dieser schöne Falter und viele andere Schmetterlinge nur noch selten zu erblicken sind…
Wenn Insekten massenhaft sterben, hat das Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem. Darin sind sich hoffentlich alle einig und niemand wird ernsthaft bestreiten wollen, dass eine Welt ohne Insekten überlebensfähig sein kann?
Das Bienensterben wurde stellvertretend für den Gesamtaspekt des Insektensterbens bereits mehrfach prominent in diversen Medien thematisiert [1].
Die Hersteller von Pestiziden und Insektiziden versuchen hartnäckig ihre ökonomischen Interessen zu verteidigen und bedienen sich einer perfiden Strategie. Sie stellen Erkenntnisse und Studien infrage, indem sie explizit deren Schwachstellen aus dem komplexen Zusammenhang reißen und damit das Gesamtergebnis diskreditieren wollen.
Der ehemalige FDP- Europawahlkandidat und selbstständige Unternehmensberater Hasso Mansfeld hat recht erfolgreich Lobbyarbeit für diesen Industriezweig betreiben können [2]. Er zweifelt den propagierten Rückgang der Insektenpopulation von ca. 80 Prozent zu Recht an. Das bedeutet allerdings nicht, dass es kein Insektensterben gibt und es sich um reine Panikmache handeln würde.
Zunächst verleiht er der Debatte einen politischen Anstoß, der allerdings auch dringend nötig war, wenn auch nicht in dieser Form. Er reduziert das komplexe Thema auf eine Wahlkampftaktik von Bündnis90 /Grüne. Dadurch hat er eine typische Strategie seines Berufsstandes angewendet, um ein wirkungsvolles Ablenkungsmanöver zu starten. Schließlich macht er sich noch lächerlich über dramatische Ergebnisse:
Die Ergebnisse von Hobbyforschern aus zwei Messpunkten in einem Krefelder Naturschutzgebiet zu einem deutschlandweiten Massensterben der Insekten aufzublasen, ist dagegen unseriös bis skandalös.
(Anmerkung: Dieses Zitat des Herrn Mansfeld ist eine falsche Interpretation dahingehend, dass es sich keinesfalls um Hobbyforscher handelt, sondern um anerkannte Wissenschaftler.)
Mit dieser Strategie bringt er bewusst all jene Leute in Erklärungsnot, die vom Insektensterben überzeugt sind. Und diese Menschen lassen sich auch darauf ein, indem sie versuchen, diese eine kleine wissenschaftliche Erkenntnis durch weitere Studien zu untermauern [3]. Das eigentliche Problem wurde geschickt aus dem Fokus gerückt.
Jeder, der sich halbwegs intensiv mit Insekten beschäftigt, wird bestätigen können, dass ein spürbarer Rückgang der Populationen zu beklagen ist. Die Gründe hierfür sind bekannt und auch nachgewiesen. Man benötigt offenbar hierfür belastbare Ergebnisse aus vielen zurückliegenden Jahren, die vermutlich nicht oder nur rudimentär vorliegen. Darauf basiert auch diese Taktik. Man sollte sich nicht vor diesen Karren spannen lassen.
Schmetterlinge wie beispielsweise der Schwalbenschwanz (Papilio machaon) benötigen sehr spezifische Habitate. Zwar ist der Falter nicht direkt vom Aussterben bedroht, allerdings ist ein rapider Rückgang der Population über Jahrzehnte erkennbar. Die Raupen leben auf vorwiegend kultivierten Pflanzen wie Karotten, Dill, Fenchel und Liebstöckel. Dass oft in Gärten die Raupen des Falters anzutreffen sind, ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass die wilden Futterpflanzen (z.B. wilde Möhre) quasi als Unkraut aus der Agrarlandschaft verdrängt werden. Nicht allein blühende Pflanzen benötigen Insekten für ihren Lebenszyklus. Die Bienen, die man ja gern an die Spitze des Desasters mit dem Insektensterben stellt, sind dabei nur die Vorboten der Katastrophe. Schließlich hält der Mensch Honigbienen als Nutztiere und ein Schwund der Bienenstöcke fällt schneller auf als das komplette, allerdings eher heimliche Verschwinden anderer Insektenarten.
Man wird auf das Insektensterben aufmerksam, weil Windschutzscheiben von Autos nicht mehr so massiv mit zerplatzten Insektenkörpern übersäht sind wie noch vor 10 Jahren. Das besitzt lediglich symbolischen Charakter für all jene Menschen, die sich im Grunde wenig mit Insekten beschäftigen. Man bemerkt am Himmel, dass deutlich weniger Schwalben akrobatische Wendemanöver bei der Jagd nach Fluginsekten durchführen. Diese zwar subjektiven Eindrücke sind nicht zu leugnen und werden zu objektiven Fakten, wenn man einzelne Insektenpopulationen untersucht. Da Schmetterlinge zum Teil recht auffallende Gesellen sind, kann man an diesen Tieren nachvollziehen, dass die Population rückläufig ist. Eine Unterart des Apollofalters (Parnassius apollo vinningensis), macht deutlich, wie gefährdet inzwischen viele Arten sind. Ohne den politischen Willen, etwas Schützenswertes schützen zu wollen, gelingt es nicht mehr, das Artensterben aufzuhalten oder wenigstens zu bremsen [4].
Anfang der achtziger Jahre stand der Mosel-Apollo kurz vor der Ausrottung. Damals wurden per Hubschrauber noch große Mengen Insektengifte versprüht. Dabei traf die Giftdusche meist nicht nur die Weinberge, sondern genauso die dazwischen liegenden Trockenrasen und Felshänge. Für die Schmetterlingsraupen war das der sichere Tod.
Unisono wird demnach zugegeben, dass der Mosel- Apollofalter ein Opfer von Insektiziden geworden war. Eigentlich ist es vollkommen idiotisch darüber zu diskutieren, dass die industrielle Agrarwirtschaft maßgeblich natürliche Lebensräume vernichtet. Die Logik sollte eigentlich ausreichen. Wenn man jemanden aus seiner Heimat vertreibt und ihn aushungert und gleichzeitig vergiftet, erhöht das definitiv nicht dessen Lebenserwartung. Hinzu kommen dann auch noch Leute, die aus kommerziellen Gründen seltene Arten fangen bzw. züchten. Und natürlich sind die Käufer mitschuldig, die sich daran ergötzen möchten [5].
Ist es nicht grotesk, dass die Vernichtung von Leben und Lebensräumen finanziell belohnt wird, während die Erhaltung der selbigen eine unentgeltliche Mammutaufgabe für Freizeitaktivisten darstellt. Dabei sind letztere doch diejenigen, die durch ihren unermüdlichen Einsatz die Lebensgrundlage der Menschheit erhalten wollen. Was nutzt es kurzfristig den Landwirten, mit Chemiegiften ihren Ertrag zu steigern, wenn sie sich dadurch langfristig ihrer Lebensgrundlage berauben? Dass auch diese traurige Zukunftsvision nicht aus der Luft gegriffen ist, beweist die Realität, welche uns längst in bizarrer Weise eingeholt hat [6]. In einer Region von China müssen menschliche Arbeiter zum Bestäuben eingesetzt werden, weil die hierfür erforderlichen Insekten ausgestorben sind.
Herr Mansfeld und Konsorten sollten eigentlich nachweisen müssen, dass die Pestizide und Insektizide, die sie so vehement verteidigen, keinen Beitrag am Insektensterben leisten. Ob er wohl auch seinen Kindern vor dem Verzehr von Obst diesen rät, es abzuwaschen und vor allem weshalb? In der Medizin bzw. Pharmakologie gilt das Prinzip nach dem Arzneimittelgesetz, dass einer Zulassung von Medikamenten eine analytische, pharmakologisch-toxikologische und eine klinische Prüfung sowie entsprechende Sachverständigengutachten zugrunde liegen müssen. Beim Versprühen von Giften auf Nahrungsmittel ist das unverständlicherweise vollkommen anders.
Neben dem Einsatz von Chemie ist natürlich die exzessive Flächennutzung in der Landwirtschaft ebenfalls ein entscheidender Aspekt für das Insektensterben. Es wurde ja bereits erwähnt, dass wichtige Lebensräume immer weiter zurückgedrängt wurden und werden. Vieles ist leider nicht mehr rückgängig zu machen. Jedoch kann man auf einfache Weise etliche elementar wichtige Habitate schützen und erhalten. Entlang fast aller Straßen, von Autobahn bis hin zum Feldweg, werden die Fahrbahnränder zu großzügig gemäht. Mehr als einen Meter müsste man den Wildwuchs nicht radikal entfernen. Allerdings weit über Leitplanken hinaus wird alles auf Rasenkantenhöhe radikal abgesäbelt. Das sind wichtige Lebensräume für eine Vielzahl von Insekten, deren ursprüngliche Lebensräume durch Mais- & Rapsfelder ersetzt wurden. Es wäre tatsächlich ein erster, kleiner Schritt, das Insektensterben auszubremsen, wenn man Disteln, Brennnesseln & Co. dort einfach wachsen lassen würde, wo es ohnehin niemanden stört…