Das Insektensterben hat hervorgebracht, dass plötzlich viele Leute glauben, das Anlegen einer farbenprächtigen Blumenwiese würde jene Katastrophe mit dem Artenrückgang aufhalten. Gerade wenn Unternehmen oder Behörden unter eifrigem medialen Getöse solche Prestigeprojekte vorstellen, handelt es sich vorwiegend um öffentlichkeitswirksame Beruhigungspillen, um ansonsten so weitermachen zu können wie bisher…
Auch der Saarländische Rundfunk hat vor den Gebäuden der Sendeanstalt auf dem Halberg plakativ auch eine große Blumenwiese angelegt. Dieses Engagement ist grundsätzlich begrüßenswert. Allerdings wurde auch hier der gleiche Fehler begangen wie so oft, wenn solche Projekte durchgeführt werden, ohne entomologische Expertise einzuholen. Da genügt eben nicht die Erfahrung eines Landschaftsgärtners und Botanikern.
Das entscheidende Problem entsteht mit der Mahd im Herbst. Denn wenn man eine Blumenwiese explizit wegen des Erhalts der Insektenpopulationen anlegt, muss man das auch im Bewusstsein tun, dass diese Insekten über die Wintermonate nicht wie Zugvögel in den Süden wandern und im Frühjahr zum gedeckten Tisch zurückkehren. Der überwiegende Teil der Insekten überwintert genau in diesem Habitat, indem sie leben.
Die Mahd im Herbst killt bereits einen Großteil der Lebewesen im Lebensraum Wiese. Insbesondere wenn zum Mähen die konventionellen Mähmaschinen zum Einsatz kommen, die mit ihren Mähwerken alles kleinhächseln und in einen Auffangsack blasen.
Mäht man schonend mit Balkenmäher oder gar mühsam mit Sense, so nutzt diese schonende Form des Mähens auch wenig, wenn das Schnittgut nicht über Winter liegen gelassen wird. Die meisten Insekten überwintern als Larven oder Eier, manche auch als Puppen an Pflanzenstengeln. Arten, die in oder auf dem Boden überwintern, benötigen das Schnittgut als schützende Schicht vor Schnee und Eis.
In unberührter Natur gibt es kein Mähen. Dort knicken die Grashalme vom Wind um und der Rest wird vom Schnee niedergedrückt. Dort knabbern die Rehe und Hasen das Gras ab.
Die Raupe vom Wegerich- Scheckenfalter (Melitaea cinxia) überwintert gemeinschaftlich in einem Gespinst in Bodennähe. Nur selten krabbeln sie im Winter hervor.
Die Raupe des Mauerfuchses (Lasiommata megera) gehört auch zu jenen Wiesenbewohnern, die sogar im Winter aktiv sind und sich zum Fressen aus ihren Verstecken heraus wagen.
Die Puppe des Aurorafalters (Anthocharis cardamines) hängt hervorragend getarnt an verdorrten Zweigen der Futterpflanze seiner Raupen, vorwiegend Wiesenschaumkraut und Knoblauchraute.
Naturbelassene Wiesen sind die Lebensräume dieser Schmetterlingsarten und noch vieler anderer Arten mehr. Als Falter taumeln sie über die Blüten, aber als Eier, Raupen und Puppen, was nicht selten 90% eines Schmetterlingslebens beansprucht, sind sie auf eine möglichst naturbelassene Wiese angewiesen. Jeder menschliche Eingriff zerstört Millionen Insektenleben auf wenigen Quadratmetern.
Der gute Wille, einen Beitrag gegen das Insektensterben zu leisten, scheitert meistens an der falschen Vorgehensweise.
Ich habe mich damals an den SR gewendet, nachdem ich die Wiese gesehen hatte. Leider kam keine Antwort. War wohl wirklich nur ein Prestige Objekt und sie hatten kein Interesse es richtig und gut zu machen. Schade
Ich überlege, ob ich diesen Artikel nicht mal an den SR schicke…