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Eichenprozessionsspinner – das Horrorinsekt der Kulturlandschaft

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Neulich habe ich im Garten eine Raupe vom Eichenprozessionsspinner gefunden.

Thaumetopoea processionea, wie das Tier mit wissenschaftlichem Namen genannt wird, ist berüchtigt und gefürchtet. Die Haare der Raupen führen teilweise zu heftigen allergischen Reaktionen.
Sie bilden regelrechte Raupennester an den Stämmen von Eichen, der Futterpflanze dieser Raupen. In den Gespinsten sind die Haare eingesponnen und die allergische Wirkung hält über Wochen und Monate an.  Zu Recht sollte man Kontakt zu den Gespinsten und den Haaren meiden.

Warum aber freut es mich, eine solche Raupe im eigenen Garten entdeckt zu haben?

Natürlich habe ich die Eiche, die an unser Grundstück grenzt, gründlich untersucht. Ich konnte kein Raupennest feststellen. Es handelt sich also um einen Einzelfund, was bei dieser Art doch eher erstaunlich ist. Sie leben gesellig in ihren Gespinsten oder wandern in einer Reihe dicht an dicht hintereinander, wenn sie auf Nahrungssuche gehen. Das hat ihnen auch den eigentümlichen Trivalnamen eingebracht.

Die Raupe wurde demnach vom Wind hergetragen, sodass die eigentliche Gefahrenstelle woanders zu verorten sein muss. Eine andere Möglichkeit wäre noch, dass ein noch halbwegs intaktes Ökosystem dafür gesorgt hat, dass die Massenausbreitung der Art nicht stattfinden konnte.

Jedes Jahr gibt es Horrormeldungen in den Medien über jene Eichenprozessionsspinner. Sie vernichten demzufolge ganze Wälder durch Kahlfraß und gefährden in Siedlungsnähe die menschliche Gesundheit. Die Ursachen hierfür schreibt man gern dem Klimawandel zu, weil das so einfach ist und von den eigentlich im Vorfeld begangenen Fehlern ablenkt.

Tatsächlich begünstigen trockene und warme Witterungsverhältnisse die Populationsdichte der Tiere, vorwiegend der Falter. Doch die wirklichen Gründe für die massenhafte Vermehrung der Art werden gern und wohl auch oft vorsätzlich verschwiegen.

Die Raupennester findet man hauptsächlich an alleinstehenden Bäumen in Parks oder an Strassenrändern. Auch an sonnenexponierten Stellen an Waldrändern kommen sie naturgemäß vor. Jedoch dort, wo der Mensch kaum oder gar nicht die natürlichen Lebensräume manipuliert, reguliert die Natur die Bestände der Falter und Raupen ganz allein.
Auf dem Speiseplan des Kuckucks steht beispielsweise sowohl Raupe als auch Imago von Thaumetopoea processionea. Auch Blaumeisen und andere Vögel verschmähen die Raupen vorrangig in der Brutzeit zur Aufzucht ihrer Jungen nicht. Weitere natürliche Feinde wie Wanzen, Raupenfliegen, Wespen und einige Laufkäfer haben sich auf die Raupen spezialisiert. Eigentlich gibt es keinen Grund, Panik vor einer Massenvermehrung der Eichenprozessionsspinner zu bekommen. Die Natur würde die Population regulieren. Jedoch verhindert ausgerechnet der Mensch, dass es funktioniert.
Parkanlagen werden regelmäßig gemäht, ebenso die Strassenränder. Kaum eine Fläche kann sich dem Ordnungswahn der kommunalen Dienste entziehen. Nicht von ungefähr findet man Eichenprozessionsspinner vorwiegend an Bäumen, die in einer kultivierten Umgebung stehen. Denn dort leben die natürlichen Fressfeinde nicht mehr. Deren Lebensraum wurde ja sorgfältig zerstört, also ordentlich gemäht und zurechtgeschnitten.

In den Niederlanden hat man mit Nistkästen für Blaumeisen tatsächlich Erfolge bei der Eindämmung der Eichenprozessionsspinner- Population erzielen können. Auch in Deutschland folgen einzelne Kommunen dieser Strategie. Man darf sich davon nicht zu viel erhoffen, denn wenn bereits eine Massenvermehrung stattgefunden hat, können die natürlichen Fressfeinde nur noch geringfügig etwas ausrichten. Im Juni, wo dann die Raupen nach der 3. Häutung so richtig „giftig“ werden, halten sich auch die Vögel von ihnen fern. Nur eine Kombination aus ökologischer Vielfalt kann auf Dauer helfen, die Eichenprozessionsspinner wieder auf eine verhältnismäßige Populationsdichte zurückzudrängen.

Ich kann mich hingegen entspannt zurücklehnen, denn mein Garten ist insektenfreundlich gestaltet worden und den Kuckuck höre ich gelegentlich auch rufen…

 

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