Schlagwort-Archive: Thecla betulae

Nierenfleck- Zipfelfalter in der neuen Heimat

Share Button

Um es vorwegzunehmen, es gab heftige Kritik wegen Faunenverfälschung. Diese Kritik nehme ich als solche an, habe aber sorgfältig überlegt und entschieden, diese Migranten bei mir aufzunehmen.

Die wissenschaftliche Definition für Faunenverfälschung lautet folgendermaßen:

Veränderung des Artenbestands in einem bestimmten Gebiet durch Einführung oder Einbürgerung einer oder mehrerer fremder Arten. Da die neue(n) Art(en) ursprünglich nicht in dem Gebiet vorkam(en), kann es zu einer Zerstörung des ökologischen Gleichgewichts kommen und eventuell zu einer Dezimierung oder Ausrottung einer oder mehrerer dort ursprünglich lebender Tier- und/oder Pflanzenarten.

Quelle: https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/faunenverfaelschung/23856

Nach dieser Definition fand keine Faunenverfälschung statt, da die Art Thecla betulae hier im neuen Habitat vorkommt und auch nachgewiesen wurde.

Der nächste Vorwurf war dann die mögliche Vermischung des Gen- Pools. Die Falter aus der Schweiz besitzen einen anderen Gen- Pool als die hier heimischen Artgenossen im Saarland.
In der Wissenschaft sind sich die Forscher nicht einig, ob Veränderungen im Gen- Pool vorteilhaft oder nachteilhaft sein können. Es gibt Beispiele in beide Richtungen.
In Zeiten des rasanten Klimawandels, der massiven Flächenversiegelung und dem starken Einsatz von Pestiziden klingt der Vorwurf jedoch dürftig. Denn das elementarste Problem ist der extreme Artenschwund.

Mohrenfalter durch Klimawandel bedroht

Hier ging es ursprünglich um Eier des Nierenfleck- Zipfelfalters, die durch Heckenschnitt des ursprünglichen Habitats unweigerlich dem Tode geweiht waren. Sie wurden von einem engagierten Schmetterlingsfreund eingesammelt, zu mir versendet und hier bis zum Schlupf der Falter kontrolliert gezüchtet.
Die eigentlich recht häufige Art kommt im neuen Habitat zwar vor, aber mit der Zeit wegen der genannten Einflüsse immer weniger. Entscheidend ist primär, dass die Schlehenhecken im neuen Habitat auf absehbare Zeit keinem Kahlschlag zum Opfer fallen werden.

Ob der frühe Schlupf der Falter ab etwa Mitte Juni einen Einfluss auf die Reproduktion der Art haben wird, kann ich nicht beurteilen. Die Raupen sind typischerweise mit Austrieb der ersten Blätter und Knospen geschlüpft, also im Prinzip nicht außergewöhnlich. Ungewöhnlich hohe Temperaturen im Februar und ein Kälteeinbruch im April haben sich merklich auf Flora und Fauna ausgewirkt.

Bei aller Kritik steht für mich die Rettung einiger Schmetterlinge im Vordergrund. So werde ich auch weiterhin versuchen, Raupen einzusammeln, wo eine Mahd ihren sicheren Tod bedeuten würde. Und ich werde versuchen, dass mein Garten für viele Schmetterlinge ein Zuhause bietet. Ich erfreue mich jedes Mal, wenn einer dieser Nierenfleck- Zipfelfalter hoch oben in der Schlehenhecke auf mich hinunterblickt.

Share Button

Klein und groß mit Schwänzchen an den Flügeln

Share Button

Schmetterlinge gehören eher zu den kleineren Geschöpfen in der Tierwelt. Dennoch gibt es deutlich mehr kleinere Tiere als Schmetterlinge gegenüber jenen, die größer sind.

Selbst bei den Tagfaltern, betrachtet man nur diese „Familie“ (Papilionoidea) der Schmetterlinge, wird das Spektrum der Größenunterschiede deutlich enger und überschaubarer.

Die frisch geschlüpfte Raupe des Nierenfleck- Zipfelfalters (Thecla betulae) ist schon ein Winzling, den man aber wenigstens noch mit bloßem Auge erblicken kann.

Raupe von Thecla betulae an einem Stecknadelkopf
Raupe von Thecla betulae an einem Stecknadelkopf (8. April 2021)

Natürlich sind die jungen Raupen extrem klein und lassen sich nicht mit Raupen anderer Arten in einem anderen Wachstumsstadium vergleichen. Es soll hier nur vermittelt werden, dass aus einer unscheinbaren Larve mal ein prächtiger Schmetterling werden könnte…

Der Falter selbst gehört auch eher zu den kleineren Vertretern unter den Tagfaltern, ist aber im Prinzip unverwechselbar. Der Trivialname stammt von dem Fleck auf den Oberflügeln der weiblichen Falter. Ein weniger häufiges Merkmal sind die kleinen schwanzartigen Verlängerungen an den Hinterflügeln. Bei  Bläulingen (Lycaenidae) findet man das öfters, ansonsten noch bei den Ritterfaltern (Papilio machaon, Iphiclides podalirius).

Foto von Marco Mey
Foto von Christine Diener

 

Sehr unverständlich ist die wissenschaftliche Namensgebung in diesem Fall. Betula sind Birken, wobei die Raupenfutterpflanze vorrangig Schlehen und andere Gewächse aus der Pflanzenfamilie Prunus (Rosengewächse) sind. Birke wird als Futterpflanze gar nicht besetzt.

Der Nierenfleck könnte deutlich häufiger anzutreffen sein, wenn nicht jedes Jahr über die Winterzeit so viele Schlehensträucher zurückgeschnitten würden. Die Eier haften dort einzeln in Astgabeln und die Tiere haben natürlich später keine Chance als Raupe zu überleben, wenn die geschnittenen Äste im Hächsler landen oder auch nur einige Meter vom Strauch entfernt liegen bleiben. Die kleinen Raupen haben kaum eine Chance, eine Distanz von einigen Metern bis zur Futterpflanze zu überbrücken.

Aus einer anderen noch kleinen Raupe, die mit ihrem „Geweih“ schon etwas bizarr wirkt, wird später mal der größte Tagfalter Europas. Mit über 9cm Spannweite und seinen 4 Schwänzchen ist der Erdbeerbaumfalter (Charaxes jasius) in Europa einzigartig.
Betrachtet man die Raupe des Falters, so könnte man annehmen, dass die Fortsätze hinter der Kopfpartie bereits die Flügelschwänze erahnen lassen. Da aber Raupen anderer Falter mit schwanzähnlichen Flügelerweiterungen solche Auswüchse nicht besitzen, ist es wohl doch ein Zufall…

L2- Raupe von Charaxes jasius
L2- Raupe von Charaxes jasius (13. April 2021)
L2- Raupe vom Erdbeerbaumfalter (13. April 2021)

Der Erdbeerbaumfalter kommt ausschließlich in Regionen vor, wo der Erdbeerbaum (Arbutus), die bevorzugte Raupenfutterpflanze natürlich vorkommt, vorrangig also im Mittelmeerraum. Eine Zucht soll auch mit echtem Lorbeer (Laurus nobilis) oder auch Rosengewächsen möglich sein…

Share Button

Schmetterlingstod durch Heckenschnitt im Winter

Share Button

Es ist vielerorts üblich, dass über die Winterzeit Hecken und Sträucher gestutzt werden. Auch Bäume werden gefällt. Im März zeigt sich regelmäßig ein Bild der Verwüstung etlicher Naturlandschaften. Denn nicht selten werden auch dort jene fragwürdigen Rückschnitte vorgenommen, wo eigentlich keinerlei Veranlassung bestehen würde.

Bildquelle: Jonathan Lüscher, Waldrand bei Uster, Schweiz
Bildquelle: Jonathan Lüscher, Waldrand bei Uster, Schweiz

Die Bilder zeigen einen Waldsaum, der an eine Wiese grenzt. Vermutlich will der Landwirt damit verhindern, dass die Hecken in die Wiese wachsen oder sie zumindest verschattet. Ökologisch war das eine Katastrophe für viele Nierenfleck- (Thecla betulae) und Pflaumen-Zipfelfalter (Satyrium pruni). Denn im vergangen Jahr haben dort die Weibchen der beiden Falterarten viele Eier an die Futterpfanze Schlehdorn gelegt. Die Eier überwintern vorwiegend in Astgabeln in der Nähe von Blattknospen, um im Frühjahr möglichst schnell an Futter zu gelangen.


Das Ei selbst ist kaum einen Millimeter groß, aber leuchtet weiß, dass man mit geschultem Auge durchaus welche nachweisen kann. Ein aufmerksamer Schmetterlingsfreund (Jonathan Lüscher) konnte etwa 200 Eier allein an den abgeschnittenen Zweigen finden. Daran kann man sich ausmalen, wie groß der ökologische Schaden durch unbedachtes Heckenschneiden sein kann.

Das Schneiden von Hecken und Sträuchern sowie das Fällen von Bäumen ist in Deutschland im Prinzip zwischen dem 1. März und dem 30. September laut Bundesnaturschutzgesetz §39 untersagt. Ausnahmen hiervon gibt es fatalerweise mehr als die Norm. Das Bundesnaturschutzgesetz beachtet beim Heckenschnitt allerdings auch nur Vögel und Säugetiere. Insekten, wie diese Schmetterlinge, finden keinerlei Berücksichtigung. Es ist daher auch wenig verwunderlich, dass man den massiven Rückgang an Insekten nicht aufhalten kann. Die Lebensräume werden kontinuierlich weiter zerstört.

Share Button