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Reise in die Filterblase

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Der Begriff „Filterblase“ könnte durchaus für eine Nominierung zum Unwort des Jahres avancieren. Gemeint ist damit sozusagen ein virtueller, ideologisch abgeschirmter Käfig, der maßgeblich durch (a)soziale Netze im Internet verfügbar gemacht wird. Die Möglichkeit, sich zum Beispiel als Facebook- Nutzer seine virtuelle Umgebung, abgesehen von den Werbeeinblendungen, nach eigenen Vorstellungen zu gestalten, birgt die Gefahr, sich gegen Informationsquellen, welche man durch Vorurteile bzw. durch die eigene Gesinnung missbilligt, abzuschotten. Da es in der menschlichen Natur liegt, eigene Vorlieben, Sichtweisen und Dogmen gegenüber anderen Ansichten vorzuziehen, fällt manchen Leuten der Blick über den Tellerrand schwer.

Die eigenen Idole müssen schon heftig viel Mist bauen, damit man wieder Bodenhaftung zurück erlangt, um halbwegs objektiv Sachverhalte einschätzen zu können. Wer hat nicht in Erwartung auf ein tolles Musikerlebnis, das Album seines Pop- Idols ungehört gekauft? Welcher Fan eines Fußballstars hat noch nicht unrühmliche Auftritte seines Idols abseits des Stadions entschuldigend relativiert? Hingegen neigt der Mensch dazu, jeden noch so kleinen Fehltritt von als Gegnern wahrgenommenen Leuten hoch zu stilisieren.

Der Weg in die eigene Filterblase gelingt schnell und man merkt es nicht einmal. Im politischen Geschehen scheinen die Folgen dieser Entwicklung längst Früchte zu tragen. Populismus erfährt eine fatale Renaissance.

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Als Meister dieser Disziplin erweisen sich Politiker, die auf jede Situation eine einfache sowie mundgerechte Antwort wissen, wie die AFD- Politikerin Beatrix von Storch es stets mit spitzfindigen Twitter- Perlen praktiziert.

Obdachlose bekommen sehr wohl Obdach, wenn sie sich nur ansatzweise darum bemühen würden. Flüchtlinge müssen sich auch entsprechend registrieren lassen. Die Behörden sammeln nicht die Leute von der Straße, weder Flüchtlinge noch Obdachlose. Und es gibt durchaus Obdachlose, die Mobiltelefone besitzen. Die Aussagen von Frau von Storch sind schlichtweg falsch und befeuern lediglich Hass und Hetze von Leuten, die ohnehin sich Flüchtlinge als Feindbild ausgewählt haben. Auf konkrete Kausalzusammenhänge wird verzichtet.

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Filterblasenbewohner des rechtspopulistischen Territoriums glauben in gehorsamer Naivität jeden Blödsinn. Dass Herr Elsässer postfaktischen Blödsinn erzählt, spielt keine Rolle. Gerne begibt man sich auch in die bemitleidenswerte Opferrolle. Das Linksextreme generell mit gleichen Strategien kämpfen, soll nicht verschwiegen werden.

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Wie funktioniert nun die Propaganda in einer solchen Filterblase? Wer sich seine Filterblase zusammengebastelt hat, bekommt weitgehend Informationen aus diesen ausgewählten Quellen. Der Fall über angeblich katastrophale Zustände in Münchner Kliniken durch Migranten ist ein hervorragendes Beispiel für Meinungsmanipulation. Es existieren oft mehrere Quellen, die über den gleichen Vorfall berichteten, allerdings sich gegenseitig als Quellen angaben. Die Geschichte war erlogen, aber man wollte der Story einen seriösen Eindruck verschaffen, indem man auf einen tschechischen TV- Sender verwies. Tatsächlich gab es ein YouTube- Video dazu, aber der angebliche Sender findet man nicht in der offiziellen Senderliste der tschechischen Rundfunkanstalten. Es handelt sich um einen privaten YouTube- Kanal, der sich als Fernsehsender inszeniert. Nachfragen bei diversen Münchner Kliniken konnten bestätigen, dass der geschilderte Fall frei erfunden war und diese Ärztin nie dort gearbeitet hatte.

Nicht immer sind die Meldungen so offensichtlich falsch, manchmal besitzen sie sogar einen wahren Kern, der aber nach der eigenen Vorstellung passend zurecht gerückt wird. Das darf man übrigens auch anderen, als zuweilen seriös geltenden Medien vorwerfen. Auch diese verfolgen gelegentlich eine tendenziös wirkende Berichterstattung. So war es ziemlich auffällig, dass im US- Wahlkampf Donald Trump erheblich schlechtere Publicity aus der deutschen Presselandschaft bekam als Kontrahentin Hillary Clinton.  Es gibt eben nicht nur eine Filterblase…

 

 

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