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Die Bürger dürfen das Maul aufmachen.

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Guten Tag Herr Bundespräsident,

Gerne nehme ich Sie beim Wort, Herr Bundespräsident. Sie erklärten schließlich kürzlich bei einem Besuch einer Flüchtlingsunterkunft in Bergisch Gladbach: „Die Bürger dürfen das Maul aufmachen.

Es sind eher die unscheinbaren Dinge des täglichen Lebens, welche die Menschen bewegen. Das wird von der als abgehoben empfundenen Politikelite in den Parlamenten zu wenig beachtet.

Der jährliche Armutsbericht bestätigt eigentlich jedes Mal aufs Neue, dass die Schere zwischen arm und reich immer noch auseinander klafft. Da kommen solche textlichen Manipulationen wie seinerzeit von Wirtschaftsminister Rösler vollbracht, gar nicht gut bei den betroffenen Gesellschaftsschichten an. Wer Existenzängste besitzt, wird nicht begreifen können, dass staatlich verordneten Sparprogrammen, welche vorwiegend die weniger begünstigten Menschen in diesem System treffen, plötzlich ein chaotisches Krisenmanagement in der aktuellen Flüchtlingsproblematik gegenüber steht und diverse Finanztöpfe zu öffnen vermag. Da fragt sich so mancher bescheidene Bürger, wieso man zuvor jedes Jahr erneut aufgefordert wurde, den Gürtel enger schnallen zu müssen…

Gar nicht gut werden dann solche Botschaften aufgefasst, wenn die Krankenkassen nach Beitragserhöhungen schreien, welche einseitig von der Arbeitnehmerseite zu tragen sein werden. Zwar besteht offiziell kein Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise, doch ist der Zeitpunkt für die Erhöhung der Beitragssätze äußert unglücklich gewählt worden. Das lässt sich den Menschen kaum plausibel vermitteln.

Vermutlich sind die wenigsten Menschen in diesem Land den Flüchtlingen gegenüber ablehnend gesonnen, fühlen sich aber von der Bundesregierung nicht mehr vertreten. Das treibt diese Leute zu politischen Alternativen, die nicht unbedingt seriöse Gesinnungen in ihrem Portfolio beherbergen. Man darf es durchaus als Trotzreaktion verstehen, die sich die etablierten Parteien selbst zuschreiben dürfen.

Es ist nicht hinnehmbar in einen Staat, der jahrzehntelang ein Bürokratiemonster fütterte und die Menschen daran fesselte, wenn plötzlich unkontrolliert Flüchtlinge ins Land strömen und dieser Staat hinter vorgehaltener Hand seine Kapitulation zugibt, aber die Bundeskanzlerin mit stilvoll zur Raute geformten Händen die ganze Welt nach Deutschland einlädt. Man streitet sich parteipolitisch über die Namensgebung von Konzentrationslagern für Asylsuchende und die Koalitionspartner einigen sich auf die Bezeichnung „Einreisezentren“, damit die SPD befriedigt wird und der von der CSU präferierte Begriff „Transitzonen“ weniger abstoßend klingt.

Zwar redet man häufig und gerne über die Bekämpfung der eigentlichen Fluchtursachen, doch traut sich augenscheinlich niemand, diese offen auszusprechen oder gar etwas dagegen zu unternehmen. Warum kommen denn so viele Flüchtlinge aus angeblich sicheren Herkunftsländern nach Mittel- und Nordeuropa? Welche Perspektiven bieten sich denn den Menschen in Afghanistan oder dem Kosovo? Was will Deutschland und die EU unternehmen, um die Situation in den Krisenländern zu verbessern? Ob das Errichten von Zäunen an den jeweiligen Landesgrenzen oder abermals gesteigerte Rüstungsexporte tatsächlich als sinnvolle Lösungsansätze verstanden werden, bleibt zu bezweifeln.

Die braune Soße hat die Bundesregierung im Prinzip selbst angerührt, indem sie den Rechtspopulisten die passenden Zutaten liefert. Es ist der dilettantische Umgang mit den Massen an Flüchtlingen einerseits und dem medialen Verurteilen von Teilen der eigenen Bevölkerung andererseits. Jene besorgten Bürger werden regelrecht in die Arme der Rechtspopulisten getrieben. Meldungen über Hausenteignungen, um Flüchtlingsunterkünfte bereitstellen zu können, erzeugt Schnappatmung bei Menschen, welche selbst vom sozialen Wohnungsbau abhängig sind, der ohnehin über Jahre vernachlässigt wurde. Hier schließt sich übrigens der Kreis wieder bei den Sparmaßnahmen der letzten Jahre.

Das politische Versagen von Bundesregierungen und nicht nur der aktuellen rächt sich nun exemplarisch an Menschen, die Asyl suchen. Diese werden zerrieben zwischen politischen und existenziellen Interessen.

Leute verstehen nicht, dass Straffälligkeit von Flüchtlingen sich nicht auf deren Asylverfahren auswirkt. Zwar ist es so gesetzlich geregelt, aber hinterlässt Unverständnis in der Bevölkerung, wenn Urheberrechtsverstöße irgendwie gefühlt härter bestraft und unnachgiebiger verfolgt werden.

Inzwischen haben auch mit Duldung der Regierung längst findige Geschäftsleute die Flüchtlingskrise als lukrativen Markt entdeckt. Vermietung von menschenunwürdigem Wohnraum an Flüchtlinge auf der einen Seite sowie eklatant ansteigende Mietpreise für die Restbevölkerung auf der anderen Seite, sorgen nicht für gute Laune in der Republik. Die Neiddebatte ist in vollem Gange, während die politisch Verantwortlichen sich wegducken, wenn es kritisch wird.

Ein politisches Versagen auf ganzer Linie offenbart sich jeden Tag erneut. „Wir schaffen das“ hätte ehrlicher geklungen, wenn Frau Merkel diesen Spruch den Bank- Managern in der Finanzkrise entgegen gerufen hätte.

Ein erhebliches Gerechtigkeitsdefizit wird in jenen Teilen der Bevölkerung wahrgenommen, welche seit Jahren keine Perspektiven für eine bessere Zukunft erblicken konnten und nun befürchten, dass sie mit all den Neuankömmlingen sich um die Krümel streiten müssen, während eine kleine elitäre Gesellschaft den großen Kuchen längst aufgefressen hat.

Es fehlt die Überzeugung, dass die Bundesregierung die Lasten dieser Flüchtlingskrise gerecht auf alle Schultern verteilt. Diese Flüchtlingskrise ist nur das letzte Tröpfchen auf die heiße Herdplatte, wo die braune Soße am Überkochen ist…

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