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Auf Achse in die politische Vergessenheit

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Als Versorger der Nation kann man zu Recht die Beschäftigten im Transportgewerbe bezeichnen. Die Kilometerfresser auf Europas Straßen können sich nur mäßig über ein vereinigtes und offenes Europa freuen. Jene Freizügigkeit in der Europäischen Union bescherte nicht nur eine einheitliche Währung in den Mitgliedstaaten und vereinfachte Einreisemöglichkeiten. Insbesondere deutsche Beschäftigte in der Transportbranche sind gegenüber osteuropäischen Kollegen und deren Arbeitgebern nicht mehr konkurrenzfähig. Ausschlaggebend ist das unterschiedliche Lohnniveau im Verhältnis zu den länderspezifischen Lebenserhaltungskosten. Als die politischen Entscheidungsträger hoffnungsvoll das Projekt „Europa“ aus den Hüften des Kontinents pressten, ahnten sie nicht, dass nicht überall das Wunschkind geboren wurde…

Quelle: Hans-Peter Kniep
Quelle: Hans-Peter Kniep

Unter dem Begriff der Kabotagefreiheit verbirgt sich ein elementares Problem der Branche. Die Möglichkeit und das Recht, dass innerhalb der Mitgliedsstaaten Transportdienstleistungen gegen Entgelt angeboten und durchgeführt werden dürfen, eröffnete nicht nur einen Lohndumping- Wettbewerb, sondern erschuf auch ein katastrophales Qualitätsgefälle.
Hoffnungslos überfordert scheint die zuständige Behörde BAG (Bundesamt für Güterverkehr) zu sein, wenn es die Umsetzung einer Kernaufgabe, die Einhaltung der Marktordnung im Straßengüterverkehr, betrifft. Unbestritten dürfte fest stehen, dass die Vorschriften wegen Sicherheit im Straßenverkehr oder gar die neue Mindestlohngesetzgebung in Deutschland restriktivere Standards verfolgen als jene in vielen anderen Mitgliedsstaaten. Es fehlen jedoch einheitliche Rahmenbedingungen auf EU- Ebene sowie die konsequente Ausschöpfung aller Maßnahmen.
Es wäre zu einfach, wenn man den politisch Verantwortlichen allein ein umfassendes Versagen vorwerfen würde. Ohne Zweifel müssen etliche Defizite zwar an dieser Stelle beseitigt werden, doch wie fast überall muss beharrlich, aber dennoch energisch Druck aufgebaut werden. Was Lokführer und Piloten eindrucksvoll und medial wirksam zustande bringen, muss doch auch den Brummi- Fahrern gelingen?
Ohne solide Organisation und vertrauenswürdige Kooperation kann man keine starke Lobby erschaffen. Über 1 Million betroffene Fahrer und mehr als doppelt so viele Arbeitnehmer in der Transport- & Logistikbranche müssen doch in der Lage und auch willens sein, für ihre Existenz ein wenig Engagement zu beweisen? Trucker- Romantik allein füllt keinen Einkaufswagen. Solidarität beginnt beim kleinsten gemeinsamen Nenner. Man muss fähig sein, Kompromisse eingehen zu können.
Die hypothetische Annahme, nur die Hälfte der Brummi- Fahrer wäre Mitglied dieser niedlichen, unbedeutenden Partei (Soziales Netzwerk), würde man die beiden großen Volksparteien CDU und SPD auf die Plätze 2 und 3 verdrängen. Folgerichtig hätte diese Partei die notwendige Relevanz, in Sinne ihrer Mitglieder die angestrebten Reformen politisch durchsetzen zu können. Man besitzt damit jene Lobby, die so schmerzhaft vermisst wird. Realistisch betrachtet wird das nicht geschehen, aber der Gedanke allein klingt durchaus charmant.
Realistisch ist aber auch, dass alle Bemühungen von Einzelkämpfern bis hin zu Vereinen wie A.i.d.T. und KCD sowie weitere autarke Organisationen nur zäh und mit erheblichem Aufwand ausschließlich über die etablierten Parteien stattfinden und von deren Protagonisten abhängig sind. Kollidieren dabei Interessen mit anderen Gruppierungen, werden die etablierten Parteien keine große Lust empfinden, solche Themen zügig zu bearbeiten. Spartengewerkschaften im Transportgewerbe haben bislang keine erwähnenswerte Akzente setzen können. Will das Transportgewerbe nicht permanent seinen Fuhrpark in die politische Vergessenheit lenken, ist es unausweichlich, politische Initiative zu ergreifen.

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Volksanalyse – Sind WIR wirklich DAS VOLK?

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Erst seit einigen Jahren verfolge ich das Treiben im Bienenstock unserer Republik auf politisch- gesellschaftlicher Ebene. Die Erkenntnisse, welche ich daraus gewinnen konnte, sind mehr als ernüchternd.

Weil die Demo der AidT (Actie in de Transport) noch in ziemlich frischer Erinnerung ist, möchte ich zunächst anhand dieser Veranstaltung aufzeigen, wo manche Defizite zu suchen sind.

actie
AidT Demo Dresden 2014
Quelle: Udo Skoppek

Die Demo fand am 22. März 2014 in Dresden statt und wurde gut organisiert. Vorwiegend über  soziale Medien, hauptsächlich Facebook, wurde für die Veranstaltung massiv Promotion betrieben. Dennoch fanden sich letztendlich nach Schätzungen von Anwesenden etwa 250 Aktivisten ein. Allein gemessen an der Zahl von LKW- Fahrern ist diese Menge eher ernüchternd. Offensichtlich gelang es nicht, weitere Menschen aus der eigenen und darüber hinaus aus anderen Berufsgruppen hinreichend zu mobilisieren?

Hier wirkt sich ein vermutlich ziemlich deutsches Problem aus, welches sich im Laufe der Jahre immer beschämender ausbreitet. Es ist die fehlende Solidarität in diesem Volk und die Bequemlichkeit von Leuten, die satt und träge geworden sind.

Ich selbst war zu meiner Schande auch nicht in Dresden, weil familiäre Gründe dagegen sprachen und meine eigene Motivation für solche Aktionen inzwischen deutlich zurückgegangen ist. Diese Demotivation ist auf einige eigene Aktionen im Rahmen der Initiative „Thomas Müller – Wir sind das Volk“ zurück zu führen, welche ebenfalls grandios gescheitert waren.

Einige wissen sicher noch, wie Thomas Müller kurz vor Weihnachten mit seinem offenen Brief an Merkel, Schäuble und die restliche Daltons Bande für eine überschaubare Zeit etwas politischen Staub aufwirbelte, leider weitgehend isoliert über die Online- Plattform Facebook. Innerhalb nur weniger Wochen bildete sich eine Gruppe von mehr als 4000 Leuten, die so etwas wie Solidarität für Thomas Müller’s Aufschrei nach mehr Steuergerechtigkeit bekundeten. Es bildeten sich daraus durchaus charmante Aktionen wie das Bedrucken von T- Shirts mit dem gleichnamigen Slogan der Facebook- Gruppe.

Mein letztes Hemd - Am Anfang
Mein letztes Hemd – Am Anfang

Das Ursprungsthema „Steuergerechtigkeit“ wurde nach und nach von anderen Themen verdrängt. Plötzlich beschäftigte man sich in der Gruppe mit Themen wie Migration, Hartz- 4 und Eurokrise, um nur einige von vielen zu nennen. Die Gruppe mutierte zum Basislager für die Verbreitung dubioser Bilder bis hin zu grenzwertigen Kampagnen. Die Verantwortlichen der Gruppe gerieten unter enormen Druck, mussten sich Beschimpfungen gefallen lassen und waren zum Teil sogar bedroht worden. Eigene Aktionen, wie jener Boykottaufruf der Winterspiele in Sotschi wegen Menschenrechtsverletzungen, Tierquälerei, Enteignung und Homophobie verpufften in der Bedeutungslosigkeit. (http://soznet.org/?p=56)

Eigentlich wollte man eine starke Gemeinschaft bilden, die mit schlagkräftigen Aktionen eine politische Relevanz erreichen wollte. So etwas erzeugt man jedoch nicht mit dem Klickfinger, der beständig jenen idiotischen „Gefällt mir“ Button drückt, um sich dem Gefühl hingeben zu dürfen, etwas für die gute Sache getan zu haben. Auch das „Teilen“ diverser Beiträge überflutet die ohnehin schon reizüberströmte Facebook- Welt, deren Kurzlebigkeit die so wichtige Nachhaltigkeit dieser Aktionen sehr rasch auf dem virtuellen Friedhof beerdigt.

Es genügt definitiv nicht, wenn man mit Beiträgen und Kommentaren den eigenen Frust in die digitale Welt hinaus posaunt. Es reicht nicht, wenn jeder sein eigenes Problem mit Gott und der Welt als Gipfel der Empörung stilisiert und darauf hofft, dass sich möglichst viele Menschen daran aufreiben. Will man eine Lobby des Volkes repräsentieren, muss man auch jene Themen unterstützen, die einen selbst nicht unmittelbar betreffen.

Es ist frustrierend, erleben zu müssen, wie Enthusiasmus der eigenen Trägheit weichen muss. Es macht mich wütend, wenn ich zusehen muss, dass unsere politische Elite mit Genugtuung verfolgen kann, wie sich das Volk immer wieder selbst besiegt. Es macht mich zornig, wenn ich erkennen muss, dass so viel Energie und Leidenschaft für eine Veränderung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse sinnlos vergeudet wird.

Die Online- Plattform Facebook ist längst nicht so sozial wie der Oberbegriff „Social Network“ es glauben machen will. Vorwiegend finden sich dort Leute zusammen, die in eine virtuelle Spaßgesellschaft ohne Verpflichtungen eintauchen wollen. Tatsächlich taugt diese Plattform lediglich der schnellen Verbreitung von Informationen, wobei niedliche Tierbilder augenscheinlich mehr Interesse wecken als ernsthafte politische Beiträge mit folgenschwerer Relevanz.
Ist es nicht bezeichnend für jene Facebook- Gemeinde, dass eine unglückliche Veröffentlichung einer Geburtstagsparty das Vielfache an Leuten mobilisiert wie es die AidT schaffte, die sogar real dort erschienen, obwohl sie die Person gar nicht kannten?

Etwas neidvoll blicke ich immer wieder auf Aktionen des Kreis- oder Ortsverbandes der Jungen Union in meiner Region. Die Jugendorganisation der CDU hat erkannt, dass mit Spaghetti- Essen als politische Veranstaltung mehr Leute anzulocken sind als mit Demos oder Kundgebungen, wo man sich unter Umständen den Arsch abfriert und keinen „Gegenwert“ erhält. Und zu guter Letzt bin ich traurig, in einem Umfeld leben zu müssen, wo Brot & Spiele der Inbegriff unserer Lebensrealität geworden ist, weil sich damit so wunderbar jene Missstände verdrängen lassen, die auch in unserer Wohlstandsgesellschaft hinter den Brettern vor den Köpfen des Biederbürgertums nicht gesehen werden wollen…

Soll das jetzt alles gewesen sein? Wollten wir nicht etwas gegen die etablierte Politik bewegen? Gemeinsam?

Autor: Thomas Brück
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