Allein der Begriff „Ausländer“ entwickelt bei manchen einheimischen Zeitgenossen phenomenale Beißreflexe. Selbst finde ich es ausgesprochen charmant, wenn sich unsere integrationswilligen Mitbürger mit Migrationshintergrund aktiv an der politischen Auseinandersetzung beteiligen möchten.
Bislang konnte die Politik der etablierten Parteien in Deutschland nicht wirklich erfolgreiche Integrationspolitik durchsetzen. Im Gegenteil, durch die fortschreitende Globalisierung auf wirtschaftlicher Ebene droht die menschliche Komponente zunehmend zu verkümmern.
Umso bewundernswerter ist der Vorstoß eines kleinen Vereins aus dem Saarland, zu Kommunalwahlen anzutreten. Saarland für Alle nennt sich der Verein und besitzt ein deutlich multikulturelles Erscheinungsbild.
In Zeiten, wo erzkonservative Mitglieder etablierter Parteien mit dem angeblichen Plündern der Sozialkassen durch Einwanderer auf Stimmenfang gehen oder laut über die Eindämmung der Flüchtlingsströme nachgedacht wird, sollte sich ein Land von überwiegend christlicher Prägung im Spiegel betrachten.
Zur Erinnerung: In Köln trifft am 10. September 1964 der millionste Gastarbeiter ein. Der Portugiese Armando Rodriguez erhält bei seiner Ankunft ein Moped als Geschenk.
Als man die Ausländer dringend brauchte, holte man sie gerne nach Deutschland. Dass diese Menschen ihre Heimat verließen und sich in Deutschland eine neue Existenz aufbauen mussten, darf man doch nicht ausblenden. Man schloss keine Zeitverträge, sondern Lebenszeitverträge. Inzwischen leben die Nachkommen jener Gastarbeiter in der 4. Generation in Deutschland, viele davon waren nie in der Heimat ihrer Vorfahren, können auch nicht deren Sprache und wurden hier als Deutsche geboren. Diese Menschen leben und arbeiten hier und zahlen ihre Steuern und partizipieren vollkommen legitim an unseren Sozialsystemen.
Auch die Befürchtungen, dass die seit dem 1. Januar 2014 geltende Arbeitnehmerfreizügigkeit laut EU- Gesetzgebung insbesondere Zuwanderern aus Rumänien und Bulgarien Zugang zu den deutschen Sozialsystemen verschaffen würde, ist falsch. Für Arbeitslosengeld und Sozialhilfe gelten Bedingungen nach deutschen Recht, wonach die Kommunen zu handeln haben. Migranten müssen demnach mindestens 5 Jahre in Deutschland wohnen und arbeiten, bevor sie ein Anrecht auf Sozialleistungen erhalten können.
Und schließlich gibt es noch jene Flüchtlinge, die aus Krisen- bzw. Kriegsgebieten in die Europäische Union strömen. Hier sollte man eher von einer Rettungsaktion reden, denn niemand verlässt seine Heimat, wenn es ihm dort einigermaßen gut geht. Soll man tatsächlich diese Menschen mittellos in ihre Herkunftsländer zurück schicken, wo sie Tod und Elend erwartet?
Nachdem hoffentlich klar geworden sein sollte, dass niemandem etwas von seiner Tafel Schokolade weggenommen wird, darf man bestenfalls darüber lamentieren, dass auch nicht jeder Migrant ein Engel ist. Das ist ja auch nicht jeder Deutsche. Es gelten in unserem Land Gesetze gleichermaßen für alle, die hier leben. Ob unser Justizsystem immer darauf vorbereitet ist, darf man ebenfalls anzweifeln. Wenn religiöse oder gar ganz persönliche Einflüsse zu Konflikten führen, muss man diese lösen. Hier sollte man womöglich längst überfällige Strategien anwenden, indem man gut integrierte Menschen mit Migrationshintergrund an bestimmten Schlüsselpositionen installiert. Gerade in Behörden könnte man hierdurch eine breitere Vertrauensbasis schaffen. Womöglich fühlen sich viele Mitbürger mit Migrationshintergrund politisch nicht vertreten und die Parteienlandschaft in Deutschland bietet keine Optionen an?
„Saarland für Alle“ klingt beinahe wie ein Hilferuf. Der Wille nach Integration ist spürbar. Man will Vorurteile beseitigen und streckt die Hand aus, dass man sie doch ergreifen solle, um gesellschaftlich, kulturell und politisch ebenfalls jene Globalisierung erreichen zu können, wie es große Unternehmen auf wirtschaftlicher Ebene erfolgreich praktizieren. Und wie der Name es ausdrückt, soll hier kein Verein für Ausländer am Rande der Gesellschaft von außen durch Fenster in die beheizten Wohnungen der Deutschen blicken müssen, sondern gemeinsam eine Veränderung bewirkt werden.
Es ist ein Anfang, der eigentlich über die Grenzen des kleinen Saarlandes hinaus getragen werden sollte…
Ich hatte es schon bei Twitter gesehen .. wiedermal ein super Beitrag raus gekommen. DANKE für euren Einsatz !