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Das Ei des KolumGlobus

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Die Handelskette GLOBUS wirbt mit ihrem neuen Eiersortiment im Internet:

http://www.globus.de/de/magazin/nachgefragt/ein_ei_wie_das_andere_/ein_ei_wie_das_andere_.html

(Anmerkung: Die Seite wurde vom Betreiber leider entfernt)

Aufgefallen wäre mir diese Strategie eigentlich nicht, wenn ich nicht über Wochen das Fehlen von Freiland- Eiern in dem Markt meines Vertrauens vermisst hätte. Statt der Freilandeier wurde seit April dieses Jahres eine neue Packung Eier ins Sortiment aufgenommen.

http://www.globus.de/de/magazin/nachgefragt/ein_ei_wie_das_andere_/ein_ei_wie_das_andere_.html
http://www.globus.de/de/magazin/nachgefragt/ein_ei_wie_das_andere_/ein_ei_wie_das_andere_.html

Es handelt sich um Bodenhaltungs- Eier mit dem Siegel „Tierschutz geprüft

Die Erklärung hierfür findet man ebenfalls auf der Internetpräsenz von GLOBUS:

Tierschutz geprüft

Das Siegel „Tierschutz geprüft“ hat der KAT gemeinsam mit den deutschen Tierschutzorganisationen „Deutscher Tierschutzbund e.V.“, „Bundesverband Tierschutz e.V.“ und „Bund gegen den Missbrauch der Tiere e.V.“ entwickelt. Die Anforderungen an das Halten von Legehennen gehen sogar noch über den KAT-Standard hinaus. Ziel ist eine besonders artgerechte Haltung für Legehennen in Boden- und Freilandbetrieben. So liegt beispielsweise die Gruppengröße dieser Haltungsform bei nur 1.500 Hennen. Das Kürzen der Schnäbel ist verboten und die Hühner erhalten hochwertiges Futter ohne Gentechnik.

Mir bekannte Tierschutzaktivisten betrachten dieses Siegel mit Skepsis. Im Grunde ist es ein Widerspruch, Betrieben mit Legehennen in Bodenhaltung ein Tierschutz- Siegel zu zugestehen. Insbesondere, wenn Eier aus Freilandhaltung jenes Siegel nicht tragen, beschleicht mich der Verdacht, dass man hier einen gehobenen Standard suggeriert, dem diese Art der Tierhaltung gar nicht gerecht werden kann.

Der Verweis auf eine Gruppengröße von 1500 Hennen hat keinerlei Aussagekraft, wenn die Angabe des Areals, auf welchem sich die Tiere frei bewegen können, fehlt.

Das Kürzen der Schnäbel ist im Grunde verboten und keineswegs ein hervorzuhebendes Merkmal eines Siegels, welches den Tierschutz hervorheben soll. Die Albert- Schweitzer- Stiftung erklärt es folgendermaßen:

Aus tierschutzrechtlicher Sicht ist das Schnabelkürzen nur in Ausnahmefällen erlaubt. Das bedeutet, dass alle Fälle geprüft werden müssen. Erst dann, wenn es keine Alternativen zum Schnabelkürzen gibt, dürfen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden. In der Praxis werden die Ausnahmegenehmigungen aber immer und ohne jede Nachfrage erteilt. Damit befindet sich der Tierschutz (mal wieder) in einer Situation, in der er um gesetzeskonforme Bedingungen kämpfen muss.

Quelle: http://albert-schweitzer-stiftung.de/kampagnen/schnabelkuerzen-beenden

Des Weiteren wird diese Prozedur so charakterisiert:

Das Schnabelkürzen ist eine Prozedur, die bei praktisch allen Küken vorgenommen wird, die später als Legehennen in Boden- und Freilandhaltungen Eier legen müssen. Die mit Nerven durchsetzten Schnabelspitzen werden dabei mit einer heißen Klinge oder einem Laser abgetrennt, um zu vermeiden, dass die Hennen sich später gegenseitig verletzen oder gar töten.

Das Schnabelkürzen ist ein typisches Symptom der Massentierhaltung: Die Tiere werden den schlechten Haltungsbedingungen angepasst, anstatt die Haltungsbedingungen den Tieren anzupassen. Wären die Bedingungen nicht so schlecht und weniger stressverursachend, würden die Verhaltensstörungen Federpicken und Kannibalismus gar nicht erst entstehen.

Auch der Hinweis, dass keine genmanipulierten Futtermittel verwendet werden, ist reine Makulatur. Der Anbau von genmanipulierten Futtermitteln ist bislang in der EU verboten. Leider existiert eine Gesetzeslücke, die es eben nicht verhindert, dass solche Futtermittel importiert und verfüttert werden. Es gelangen somit quasi durch die Hintertür gentechnisch veränderte Substanzen in den Nahrungskreislauf.

Genau genommen besitzt also dieses Siegel keine besonderen oder gar erwähnenswert höheren Standards als die übliche Bodenhaltung. Man grenzt sich, wenn man es so ausdrücken möchte, lediglich gegen noch schlimmere Zustände in der Tierhaltung ab.

Alle Beteiligten an dieser Siegelvergabe habe ich um eine Stellungnahme gebeten. Darauf bin ich gespannt…

Update vom 30. Mai 2014:

Statement vom Bundesministerium für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit:

Das BVL hat bei der Vergabe von Siegeln und der Überwachung der Einhaltung der zugrunde liegenden Richtlinien keinerlei Zuständigkeiten. Über die Aufgaben unseres Hauses können Sie sich hier informieren:
http://www.bvl.bund.de
Von daher habe ich Ihre Anfrage lediglich zur Kenntnis genommen und hoffe, dass Ihnen die zuständigen, ebenfalls adressierten Stellen entsprechend antworten.

Das war ziemlich ernüchternd.

Vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft klingt es so:

Hierzu können wir Ihnen leider keine Auskunft geben, da es sich nicht um ein staatlich geprüftes Siegel, sondern um einen privatwirtschaftlichen Tierschutzstandard handelt.

Inhaber und Träger eines Zeichens sind im allgemeinen eingetragene Vereine, die die fachlichen Anforderungen und Vergabekriterien entwickeln. Nur wenige Produktsiegel, Qualitätssiegel und -logos basieren auf einer rechtlichen Grundlage, wie etwa das EU-Bio-Logo. Für die Nutzung eines Siegels unterziehen Hersteller ihre Produkte oder Dienstleistungen freiwillig einer zuvor definierten Prüfung oder verpflichten sich zu bestimmten überprüfbaren Herstellungsprozessmethoden oder Leistungen.

Eier mit dem Siegel „Tierschutz geprüft“ sind bereits seit 2008 im Handel erhältlich.

Für weitere Fragen wenden Sie sich bitte an die Initiatoren des Siegels bzw. an die von Ihnen genannte Handelskette.

Ich hoffe, dass ich Ihnen hiermit weiterhelfen konnte.

Meine Befürchtungen nehmen immer konkretere Formen an. Demnach besitzt dieses Siegel keinerlei Aussagekraft und die Standards, denen sich die „Siegel“- Nutzer unterwerfen, werden von ihnen selbst definiert bzw. lassen sie sich von einer angeblich unabhängigen Institution festlegen, die dafür von den Auftraggebern, welche wiederum die „Siegel“- Nutzer selbst sind, honoriert werden…

Eine Antwort auf Ihre Mail befindet sich derzeit in einer internen Abstimmung. Wir bitten daher um etwas Geduld.

Dieses Statement stammt vom Bund gegen Missbrauch der Tiere e.V., einer jener Organisationen, die dieses Siegel verliehen haben. Es ist erstaunlich, dass man sich über eine so simple Nachfrage intern abstimmen muss. Da bin ich erneut gespannt…

Update vom 10. Juni 2014:

Die Antwort der Verbraucherzentrale Saar kam am 5. Juni 2014:

…das Problem bei privaten Labeln, oder eigentlich bei allen Labeln ist, dass nur der Verbraucher eigentlich genau aufgeklärt wird, der sich über die Bedingungen und die Kontrolle der jeweiligen Label genauer informiert. Das ist für schon recht viele Label über „labelonline.de“ möglich. „Tierschutz geprüft“ habe ich allerdings noch nicht darunter gefunden. Das könnte man anregen.

Heute sind Labels zu einem wichtigen Marketinginstrument für Hersteller und Lebensmittelkonzerne geworden. Und sie wirken absatzfördernd, das hat Wiso im Januar noch einmal in einem Test nachgewiesen (http://www.zdf.de/wiso/lebensmittel-label-siegel-supermarkt-bio-31473216.html ) .Verboten sind sie nicht, solange sie nicht gegen geltendes Recht verstoßen.
Das Label „Tierschutz geprüft“ kann natürlich auf den ersten Blick den Eindruck erwecken, dass besonders hohe Tierschutzstandards eingehalten werden. Tatsächlich liegt die Tierhaltung zwar über dem gesetzlich vorgeschriebenen, aber ist eben nicht mit der Freilandhaltung bei Geflügel vergleichbar. Hier muss der Verbraucher auch auf die gesetzlich vorgeschriebene Kennzeichnung achten, die eindeutig auf die Haltungsform hinweist. Dass der Handel jetzt Freilandhaltungs-Eier im Angebot reduziert, ist natürlich sehr bedauerlich. Ein Protest beim Handel selbst könnte Wirkung zeigen, am besten natürlich die eindeutige Kaufentscheidung von Freilandhaltungseiern durch die Verbraucher, die sich ja zunehmend für diese Haltungsform entscheiden.

Einiges an Feedback wurde ja geliefert, aber kurioserweise nicht von den Verantwortlichen für dieses Siegel. Keine Antwort ist bekanntermaßen auch eine Antwort und somit schlussfolgere ich, dass meine Vermutungen im Allgemeinen korrekt sind. Vom Verbraucherschutz Saar wird zudem eine weitreichende Ohnmacht der Verbraucher gegenüber den Lebensmittelkonzernen attestiert. Auch erkennt man in gewisser Weise eklatante Versäumnisse der zuständigen Behörden. Muss man denn tatsächlich immer die Medien einschalten, dass Missstände aufgedeckt und gegebenenfalls beseitigt werden?

Update vom 13. Juni 2014:

Diesmal muss ich aus dem Gedächtnisprotokoll heraus den Leiter der Qualitätssicherung der Handelskette GLOBUS zitieren, mit welchem ich über dieses Thema telefonierte:

Es ist eine ökonomische wie ökologische Gratwanderung, Erzeugerbetriebe zu finden bzw. davon zu überzeugen, im Sinne des Tierschutzes die Haltung der Tiere an höhere Standards anzupassen. Das Label „Tierschutz geprüft“ ist einzigartig in Deutschland und wird ausschließlich von GLOBUS verwendet. Insbesondere das Schnabelkürzen ist ein wesentliches Kriterium, welches von GLOBUS nicht akzeptiert wird. Bei der Mengenangabe von 1500 Tieren ist einzuräumen, dass ein Parameter zur Flächenangabe fehlt. Es handelt sich um die gleiche Fläche, welche ansonsten für 3000 Tiere zur Verfügung steht. Diese Passage wird nach unserem Telefonat entsprechend angepasst, damit die Aussage auch verständlich für den Verbraucher wird. Ohne diesen zusätzlichen Parameter bleibt die Aussage nämlich weitgehend sinnlos.

Tatsächlich gibt es Erfolge, zum Beispiel bei Masthühnchen, die GLOBUS im eigenen Sortiment anbietet, die trotz eines höheren Preises ein Erfolgsschlager seien. Die höheren Qualitätsstandards schlagen sich hierbei im Geschmack nieder, was der Kunde toleriert. Hierbei ist zu erwähnen, dass bei diesen Masthühnern auf die permante Behandlung von Antibiotika verzichtet wird und die Mastdauer deutlich länger ist.

Bei allen Anstrengungen, die GLOBUS unternimmt, um höhere Qualitätsstandards durchzuringen, gelingt das nur mühselig in kleinen Schritten und auch manchmal mit Rückschlägen, wie beispielsweise bei der Verwendung von genmanipulierten Futtermitteln. GLOBUS übt zwar einigen Einfluss auf die Erzeugerbetriebe aus, muss sich jedoch auch am Markt gegenüber der Konkurrenz in der eigenen Branche behaupten können.

Der Verbraucher besitzt letztendlich die Macht über die Haltungsform der Tiere. Ein konsequenter Boykott von Eiern aus Boden- oder gar Käfighaltung, wäre ein erster Beitrag, die Erzeugerbetriebe empfindlich zu treffen, wo es ihnen weh tut, am eigenen Profit. Wenn man in einem weiteren Schritt auch noch die Massentierhaltung boykottieren würde, welche ja Ursache für den Einsatz von Antibiotika und das grauenvolle Schnabelkürzen verantwortlich ist, könnte man auf diese Weise die Zuchtbetriebe zu höheren und besseren Standards zwingen. Da regt man sich einerseits über „Chlorhühnchen“ auf, während man andererseits Eier oder gar Hühnchen verspeist, deren Antibiotika- Restmenge ausreichen würde, ohne zusätzliche Medikamente einen mittelschweren grippalen Infekt auszukurieren, sofern die Erreger nicht längst resistent geworden wären.

Update vom 16. Juni 2014:

So sieht eine Maßgabe für einen Betrieb der Eierwirtschaft mit bereits gehobenen Standards aus, der das Label „Tierschutz geprüft“ verwenden darf:

Die Besatzdichte beträgt 7 Hennen/m2 nutzbare Fläche. Es dürfen maximal 9.000 Hennen pro Stall (eine Altersgruppe) gehalten werden, eine Gruppengröße von maximal 1.500 Tieren ist obligatorisch. Bei mehretagigen Systemen darf die Besatzdichte insgesamt 14 Hennen/m² der von den Tieren nutzbaren Stallgrundfläche nicht überschreiten. Maximal 3 Stallungen à 9.000 Tiere gelten als ein Legebetrieb.

Quelle: http://www.was-steht-auf-dem-ei.de/fileadmin/PDF/Leitfaden/e_Ltf._fuer_KAT_Legebetriebe_Oktober_2013.pdf

Nach einem Telefonat mit dem Geschäftsführer von KAT (Vereins für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V) scheint sich zu bestätigen, dass die „Politik“ unbedingt und unmissverständlich tätig werden sollte. 

 

Bestrebungen, den Tierschutzstandard zu erhöhen, scheitern daran, dass der Wirtschaftlichkeit einen so hohen Stellenwert von den politischen Entscheidungsträgern zugesprochen wird, dass beispielsweise das Schnabelkürzen, welches eigentlich nur eine Ausnahme sein sollte, problemlos genehmigt wird. Es wird quasi die Lizenz zur Tierquälerei behördlicherseits ausgestellt. Im folgenden Bild wird der Lebensraum einer Legehenne maßstabsgetrau dargestellt:

hennenplatz

Das ist bereits der gehobene Standard, der für das Label „Tierschutz geprüft“ definiert wurde. 9 ausgewachsene Hennen auf einem Quatratmeter…

 

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