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Wenn ein Mittelfinger zum Politikum wird.

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Während die EZB ihren Einzug ins neue Prunkschloss feiert, welches in Frankfurt für lächerliche 1,3 Milliarden Euro gebaut wurde, damit die obersten Finanzverwalter des europäischen Kontinents in angemessener Atmosphäre mit den Steuergeldern der Mitgliedsstaaten schalten und walten können, reduziert man die derzeitige Politik der griechischen Regierung auf den Mittelfinger ihres Finanzministers.

Tatsächlich zeigte Yanis Varoufakis jenes Symbol des inneren Widerstands 2013 bei einer Rede in Zagreb. Damals war er weder Politiker noch Mandatsträger der Regierung, was nicht unerheblich für die Beurteilung bleiben darf.

Mein Vorschlag war, dass Griechenland im Januar 2010 innerhalb der EU einfach seine Zahlungsunfähigkeit hätte erklären sollen – so wie es Argentinien damals auch getan hatte – und dann Deutschland den Mittelfinger zeigen und man hätte sagen können: „Also jetzt könnt ihr dieses Problem alleine lösen…“

Das gilt nun keinesfalls als Reputation für Herrn Varoufakis, relativiert jedoch das medial unnötig gepushte Ereignis. Ohnehin befindet er sich damit in prominenter Gesellschaft und weit diskrimierendere Aktionen von Politikern werden ohne solche Empörung geduldet.

tom_versus_varoufakis
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Nicht ohne Grund werden bestimmte Personen als „schlimme Finger“ bezeichnet. Insgeheim zeigt fast jeder gedanklich diese Symbolik irgendwann seinen Chef oder anderen Leuten. Es liegt im Auge des Betrachters, wie man die optische Wahrnehmung deutet. Wäre man zum augenblicklichen Zeitpunkt Grieche und würde im eigenen Land am Existenzminimum zu Grunde gehen, hat man sicher eine andere Einstellung zur Situation, als würde man als Deutscher sich Gedanken darüber machen, wo man in diesem Jahr den Sommerurlaub verbringt. In diversen Medien wird die griechische Bevölkerung pauschal als verschwenderisch dargestellt, die über Jahrzehnte über ihren Verhältnissen auf Kosten der armen deutschen Steuerzahler lebte. Diese Wahrheit muss zunächst ersponnen werden. Zweifelsohne waren korrupte Regierungen und Beamten bei der Ausplünderung Griechenlands am Werk. Und es waren die 10% Superreichen, die ihr Kapital auf Kosten der griechischen Bevölkerung ins europäische Ausland schafften. Besonders England entpuppte sich dabei als Steuerzuflucht für vermögende Griechen. Es ist erstaunlich, dass diese Machenschaften des kapitalistischen Establishments so wenig Beachtung finden.

Stattdessen verlangt man von Regierungschef Tsipras und seinem Finanzminister Varoufakis, dass sie sich am eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen sollen, den andere verbrochen haben. Zu den Mittätern gehören auch die anderen EU- Regierungen, welche wissentlich den Ausverkauf Griechenlands duldeten. Die Rettungsmaßnahmen für Griechenland kamen größtenteils gierigen Investoren und Spekulanten aus dem Ausland zugute. Vorwiegend ausländische Banken, auch die Deutsche Bank, profitierten von den üppig aufgespannten Rettungsschirmen. Deren Risikogeschäfte wurden zu Lasten Griechenlands entschäft.

Den Mittelfinger zu zeigen, müssten sich viele Menschen endlich trauen. Das sollte man nicht pauschal gegen Minderheiten oder gar Nationen tun, aber gezielt gegen jene Übertäter an der Gesellschaft, die auf Kosten der Allgemeinheit ungeniert ein Luxusdasein führen. Wem da nicht auf Anhieb mehrere Zielpersonen einfallen, gehört wohl selbst zu jenem elitären Kreis?

Wenngleich die Vorgängerregierungen Griechenlands (von Papandreous Pasok- Partei bis zur kurzen Ära Samaras) nie dermaßen von der deutschen Qualitätspresse niedergeschrieben wurden wie es nun in wenigen Wochen mit Alexis Tsipras und Yanis Varoufakis geschieht, muss man das Debakel zweifelsfrei diesen politischen Lenkern anlasten. Die linksorientierte Syriza- Partei bereitet den konservativen Mächten in Deutschland und Resteuropa mächtig Unbehagen. Da wird keine Möglichkeit ausgelassen, um die neue griechische Regierung ins schlechte Licht zu rücken.

So berichtete die Welt am Sonntag unlängst, dass auf Schweizer Bankkonten 800 Milliarden Franken griechischen Schwarzgeldes lagerten, welche Finanzminister Varoufakis nur abrufen müsste, dies aber kurioserweise nicht täte. Wie so oft schrieb es ein Journalist vom anderen ungeprüft ab, dass die Republik sich fortan über die nachgesagte griechische Schlamperei wundern durfte. Niemand der sensationsgeilen Redakteure fiel offensichtlich auf, dass diese utopische Summe ein Vielfaches des Rettungsschirmes darstellen würde. Als augenscheinlich doch jemand bemerkte, dass man sich um die Winzigkeit des 1000 fachen Betrages verschrieben hatte, folgte beinahe unbemerkt die Korrektur:

 In einer früheren Version des Textes hieß es, nach Statistiken der Schweizer Notenbank lagerten rund 800 Milliarden Franken griechisches Vermögen in der Schweiz. Richtig ist: Es lagerten 800 Millionen Franken griechisches Vermögen in der Schweiz. Wir bitten, dieses Versehen zu entschuldigen.

Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article138428416/Griechenland-ignoriert-Schwarzgeld-in-der-Schweiz.html

Das erklärt dennoch nicht, weshalb der griechische Finanzminister nicht umgehend jeden Cent zusammenkratzt, den er bekommen kann. Aber womöglich tut er das längst, ohne dass die Journalistenwelt etwas davon mitbekommt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Griechen nicht reagieren würden, wie man ihnen unterstellt. Man wird es irgendwann sehen und hören…

Was aber auffällig bleibt, ist das enorme Diskriminierungspotential deutscher Pressevertreter und meist konservativer Politiker. Dabei kann man den Vorgängerregierungen tatsächlich Versagen vorwerfen, was allerdings nie so vehement vollzogen wurde wie bei der neuen Regierung. Da wurden keine Maßnahmen ergriffen, um an die Vermögen der Superreichen zu kommen, sondern die ohnehin heftig leidende Bevölkerung Griechenlands wurde dem Spardiktat der Troika unterworfen, ohne dass es nur annähernd etwas bewirken konnte. Das ist durchaus einen gestreckten Mittelfinger wert…

Man schenkt diesem Gliedmaß, welches in 10facher Ausführung zur Verfügung steht, einfach zu viel Beachtung. Glücklicherweise war es nur diese Extremität, die medial für so viel Wirbel sorgte. Dass auch andere prominente Vertreter einen solchen Finger besitzen und diesen sogar auch mal strecken, sollte beruhigend wirken und die Angelegenheit relativieren…

 

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Die Luxemburger Daltons Bande (Mein letztes Hemd – Reloaded)

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Vor beinahe einem Jahr hat sich ein gewisser Thomas Müller aus dem beschaulichen Saarland in Form eines offenen Briefes an seine „Intimfeindin“ Angela Merkel samt ihrer „Verbrecherorganisation“, eher in der öffentlichen Wahrnehmung als tmBundesregierung bekannt, gewandt. Kernaussage seiner Beschwerde war die Empörung über die seiner Ansicht nach ausufernden Steuerabgaben bei freiwillig gezwungener Mehrarbeit. Faktisch bekommt das Finanzamt bei Überstunden oder Sonn- & Feiertagsarbeit in ungünstigen Fällen mehr als die Hälfte des erarbeiteten Lohnes. Der Staat ist quasi stiller Teilhaber redlicher Arbeitnehmer.

Verantwortlich für dieses Dilemma ist die aktuelle Steuergesetzgebung, insbesondere die sogenannte „kalte Progression“. Auf einen einzigen Satz vereinfacht herunter gebrochen bedeutet das:

Eine Steigerung des Nominaleinkommens in Höhe der Inflationsrate führt zu einer höheren Einkommensteuer, obwohl das Realeinkommen und damit die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen nicht gestiegen ist.

Das komplizierte und komplexe Zahlenwerk der Steuerberechnung scheint marode zu sein und wird immer wieder kritisiert. So ist es häufig der Fall, dass sich eine Lohnerhöhung im Endeffekt negativ auswirken kann. Das ist paradox, aber auch real, insbesondere weil dennoch die Schere zwischen arm und reich unaufhörlich auseinander klafft. Dass die etablierte Politik beharrlich dafür sorgt, dass die Reichen reicher und die Armen ärmer werden, indem ungerecht empfundene Steuersätze, merkwürdige Abschreibungsmöglichkeiten und willkürliche Steuerentlastungen per Gesetze legitimiert wurden, ist im Bewusstsein der Wähler offenkundig nicht angekommen. Immer wieder erschreckend wirkt die plakative Feststellung, dass ein durchschnittlicher Arbeitnehmer bis in den Monat Juli hinein ausschließlich fürs Finanzamt arbeiten geht, würde man Steueranteil und Reallohn auf der Zeitachse eines Jahres bildlich darstellen.

Dass Großkonzernen Möglichkeiten eröffnet wurden, ihre Steuerlast zum Teil so erheblich zu senken, sodass ein Frisörmeister oder eine Hebamme neidisch werden könnten, veranschaulichen die jüngsten Veröffentlichungen unter dem Namen „Luxemburg Leaks“.

Das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) veröffentlichte geheime Dokumente, welche eindrucksvoll belegen, wie etliche Konzerne mit Unterstützung der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PwC) ihre Steuerlast phänomenal reduzieren können. Man könnte es als skandalös empfinden, dass das Herzogtum Luxemburg maßgeblich diesen Steuerbetrug, den man öffentlich so nicht bezeichnen möchte, Vorschub leistet.

Globalplayer wie Amazon nutzen ausgiebig diese fragwürdigen Methoden jenes kleinen EU- Mitgliedsstaates, dessen ehemaliger Premierminister Jean- Claude Juncker kürzlich mit konservativer Mehrheit zum EU- Kommissionspräsidenten gekürt wurde. Auch renommierte deutsche Unternehmen wie E.on oder die Deutsche Bank partizipieren augenscheinlich gern von den Vorzügen einer Steueroase im Herzen der Europäischen Union.

Steuersündigen ist offensichtlich zur krankhaften Beschäftigungstherapie der Gierigen geworden, weil die Unfähigkeit sowie die bewusste Duldung durch die politisch Verantwortlichen in der Bundesregierung bis ins europäische Parlament es ermöglichte.

Tragisch ist es für redliche Kleinunternehmer, die im Wettbewerb mit jenen Konzernen hoffnungslos unterlegen sind und nicht zuletzt dadurch in die Insolvenz getrieben werden. Es ist ein Schlag ins Gesicht eines jeden ehrlichen Steuerzahlers, der sich vergebens einen Lucky Luke herbei wünscht und jener Daltons Bande kräftig den Marsch blasen würde.

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